Epilepsie bei Katzen: Primärtumore & Sekundärtumore

Primärtumore 

Platz 1 - Meningiom

Häufig betreffen Meningiome bei Katzen die Bindegewebeschichten des dritten Hirnventrikels (Hirnhaut) und den Bereich oberhalb des Kleinhirnzelts (ZNS).

Form / Gestalt / Einteilung

Die Tumore sind zumeist alleinstehend und von ihrer Konsistenz gummiartig bis fest. Sie erscheinen lappenartig, grau bis rosa und außerhalb des Knochen- & Rückenmarks. Vereinzelt sind sie zystisch oder mineralisiert. Größtenteils eingekapselt verdrängen sie das Gehirn, ohne in dieses einzudringen. Vor allem bei Katzen wird eine Verdickung des darüberliegenden Schädelknochens als Reaktion auf den Druck des Tumors beobachtet.

Zum Glück sind die Meningeome oft gutartig. Auch von Metastasenbildung außerhalb des Schädels wir nur selten berichtet. In der Tiermedizin ist der Wert einer solchen Einstufung aus prognostischer und therapeutischer Sicht jedoch noch nicht klar.

Verbreitung

Meningiome sind die am häufigsten gemeldeten primären Hirntumore bei Katzen. In retrospektiven Studien festgestellt und durch Gewebeuntersuchungen bestätigt wurde bei 85 % der Katzen ein Meningiom festgestellt. Diese Form kann als Zufallsbefund in 22,6 %, multiples Meningeom zu 17,2 % oder gleichzeitig mit einem anderen Tumor (Lymphom, Hirnanhangsdrüsentumor und Sarkom) zu 14,0 % der Fälle auftreten. 

Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Diagnose beträgt 12,2 Jahre, was deutlich älter ist als das Alter bei anderen primären Hirntumoren. Häufig betroffen sind kurzhaarige Hauskatzen.

Klinische Zeichen

Der Beginn neurologischer Symptome spiegelt häufig die Lage & Nebenwirkungen des Tumors wider und ist fast immer geprägt durch ein langsames Wachstum. Die Ausprägung der Symptome hängt von der Wachstumsrate, Ort, Schwellungen, Schädelinnendruck und der Fähigkeit des Gehirns ausgleichend einzuwirken ab. Ist diese Fähigkeit erschöpft (d. h. verringertes Liquor- und Blutvolumen), kann sich eine Hirnlähmung schnell verschlimmern. Anzeichen können sich mit einem akuten Beginn oder einer allgemeinen Verschlechterung bemerkbar machen. Als häufigste Ursache für Anfälle wurden Meningiomen angegeben.

Neurologische Untersuchungen können unauffällig verlaufen. Bei 21,5 % der Fälle wurden starke Schläfrigkeit & Appetitlosigkeit beobachtet, die sich nicht auf neurologische Funktionsstörungen zurückführen ließen.

Diagnostische Untersuchungen

Blut, Serum-Biochemie, Urinanalyse, Radiografie des Brustkorbs, Sonografie der Bauchhöhle, Gehirn-MRT oder CT, Liquor-Analyse und Gewebe nach Biopsie oder chirurgischer Entfernung.

Behandlungs- und Überlebenszeiten

Die Behandlung kann in palliative (Prednisolon und AEMs in epileptischen Anfällen) und definitive (Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie) unterteilt werden.

Operation

Wie bereits angeführt sind Meningeome meistens abgekapselt und vom gesunden Gewebe leicht abgrenzbar. Das macht eine vollständige chirurgische Entfernung möglich und hat einen positiven Einfluss auf die Überlebenszeit. Wichtig für den chirurgischen Eingriff sind eine detaillierte Tumordarstellung auch während der OP (Sonografie), Endoskopie und die Verwendung eines Ultraschallaspirators. Letzterer ermöglicht die Abtragung von Tumorgewebe bei gleichzeitiger Schonung des Gefäßsystems und vermeidet somit Schädigungen von gesundem Hirngewebe.

Die Sterblichkeit nach Öffnung des Schädels wird mit ca. 19 % angegeben, wobei Blutarmut die häufigste Komplikation ist. Die ermittelten Überlebenszeiten nach chirurgischer Entfernung einzelner oder mehrerer Meningeome liegen zwischen 21,7 und 27 Monaten. In etwa 20 % der chirurgischen Eingriffe traten erneut Tumore nach einer durchschnittlichen Zeit von 9,5 Monaten auf. Die wiederholte Operation und/oder Strahlentherapie kann durchaus erfolgreich sein. 

Operation & Chemotherapie

Fünf Katzen überlebten ihre Kleinhirnzelttumore nach OP & Behandlung mit Hydroxyharnstoff um durchschnittlich 20 Monate. Dabei wurden keine Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Hydroxyurea beobachtet.

Strahlentherapie

Es gibt nur eingeschränkt Daten bzgl. der Überlebenszeiten nach Strahlentherapie. Vermutlich, weil ein erfolgreiches Ergebnis oft durch eine chirurgische Entfernung erreicht wird.

Eine Katze mit diagnostiziertem Meningiom oberhalb einer Vertiefung der Schädelbasis wurde mit Röntgenstrahl-Oberflächentherapie behandelt und überlebte die nächsten 8 Monate. Sie verstarb schließlich an einem nicht verwandten Neoplasma. 

Chemotherapie

Lomustin ist ein Zytostatikum (Nitrotyrosin), das über eine hohe Fettlöslichkeit verfügt. Dadurch ist es inkl. seiner Zwischenprodukte in der Lage sich weit im Gewebe zu verteilen und kann außerdem die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Bekannte Nebenwirkungen sind Knochenmark- & Nierenschädigung, Verringerung der Blutzellen, weißen & roten Blutkörperchen & Blutplättchen, Erbrechen, Durchfall und Appetitlosigkeit. Gelegentlich wird eine verzögerte dosisabhängige Leberschädigung beobachtet. Aus diesen Gründen sollte vor dem Beginn der Behandlung und 1-2 Wochen nach jedem Therapiezyklus eine Blutuntersuchung durchgeführt werden. Wichtig ist auch die regelmäßige Überwachung der Serumbiochemie.

Phenobarbital regt die Verstoffwechslung von Lomustin durch Leberenzyme an. Daher sollten diese Medikamente nicht gleichzeitig angewendet werden, um das Risiko einer reduzierten Wirksamkeit von Lomustin zu vermeiden. Als Alternative kann Levetiracetam oder Zonisamid verabreicht werden.

Die durchschnittliche Überlebenszeit bei einer palliativen pharmakologischen Behandlung beträgt 18 Tage.

Platz 2/1 - Astrozytom

Astrozytische Tumore bestehen aus wahllos gebildeten Zellen, die den Astrozyten ähneln. Der Ursprungsort dieser Tumore ist noch umstritten. Dieser Krebs entwickelt sich meist oberhalb des Kleinhirnzelts im Frontal-, Temporal-, Parietallappen, piriformen Cortex oder Riechkolben des Großhirns. Nur selten kommen diese kopfabwärts in einer Vertiefung mit Nervenbahnen vor.

Form / Gestalt / Einteilung

Astrozytome treten typischerweise einzeln auf. Das Erscheinungsbild eines Astrozytoms hängt von seiner zellulären Zusammensetzung, Grad der Differenzierung, evtl. Blutungen und Nekrosen ab. Kleine bösartige Astrozytome sind grau-weiße diffus infiltrative Tumore, deren Ränder vom normalen Nervengewebe schwer abzugrenzen sind. Betroffene Gehirnhälften können geschwollen sein. Sogenannte anaplastische Astrozytome mit diffusem Wachstum und erhöhter Zelldichte sind deutlicher abgegrenzt. Sie sind rötlich-gelb gesprenkelt mit Bereichen von Blutungen und Nekrosen.

Verbreitung

Astrozytome gehören zu den häufigsten primären ZNS-Tumoren innerhalb des Nervenzellgewebes. Ihr Vorkommen wurde bei Katzen mit 2,8 % angegeben. Dabei konnte keine geschlechtsspezifische Veranlagung festgestellt werden. 

Klinische Zeichen

Klinische Symptome spiegeln häufig die Lage und die Nebenwirkungen des Tumors wider. Die häufigsten klinischen Anzeichen waren kreisende, epileptische Anfälle und ein veränderter mentaler Status.

Diagnostische Untersuchungen

Blut, Serumbiochemie, Urinanalyse, Röntgen des Brustkorbs, Sonografie des Bauchraums, Gehirn-MRT oder CT, Liquor-Analyse und Gewebeuntersuchung nach Biopsie oder chirurgischer Entfernung.

Behandlungs- und Überlebenszeiten

Die Behandlung kann in palliative (Prednisolon und AEMs bei epileptischen Anfällen) und definitive (Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie) unterteilt werden.

Operation & Strahlentherapie

Eine Katze, die mit Operation und Strahlentherapie behandelt wurde überlebte fast 6 Monate.

Chemotherapie

Die Überlebenszeit einer Katze mit Astrozytom, die nur mit Steroidhormonen behandelt wurde, betrug 35 Tage.

Platz 2/2 - Oligodendrogliom

Oligodendrogliome stammen vermutlich aus der Population der Gliazellen des Nervensystems. Sie entstehen am häufigsten oberhalb des Kleinhirnzelts im Stirn-, Kiefer- und Schläfenlappen des Großhirns; seltener kopfabwärts. Diese Tumore können an die Hirnhäute oder Ventrikel angrenzen und manchmal das Grenz- oder Deckgewebe von Gehirn & Rückenmark infiltrieren. Gelegentlich verteilen sich diese entlang der Liquorwege an mehreren Stellen von Gehirn & Rückenmark. Ein Großteil der Oligodendrogliome wächst durch Infiltration und zerstört das dort vorhandene Gewebe.

Die Neigung von Gliomen, an das Ventrikelsystem anzugrenzen und den piriformen Cortex einzubeziehen, kann möglicherweise auf dem Mechanismus der Onkogenese (Umwandlung von normale in Krebszellen) beruhen. Sowohl die subventrikuläre weiße Substanz als auch der Gyrus dentatus (Teil des Hippocampus der an den piriformen Cortex heranreicht), enthalten neurale Stammzellen, die sich zu Gliomen differenzieren können.

Form / Gestalt / Einteilung

Für gewöhnlich sind Oligodendrogliome rosa bis gräulich, gut abgegrenzt, gelatinös, mit multifokalen Blutungen und zystischen Arealen. Die Ränder können vom normalen Nervengewebe scharf abgegrenzt oder undefiniert sein. Oft tritt eine begrenzte Ausweitung in die darüber liegenden Bindegewebeschichten der Meningen oder einen Ventrikel auf.

Verbreitung

Die Verbreitung von Oligodendrogliomen wurde mit 2,6 % angegeben. Eine geschlechtsspezifische Veranlagung ist nicht bekannt.

Klinische Zeichen

Die Anzeichen spiegeln meistens Lage und Nebenwirkungen des Tumors wider. Krampfanfälle gehörten zu den häufigsten Symptomen bei Katzen mit Oligodendrogliom.

Diagnostische Untersuchungen

Blut, Serum-Biochemie, Urinanalyse, Radiografie des Brustkorbs, Sonografie des Bauchraums, Gehirn-MRT oder CT, Liquor-Analyse und Gewebeuntersuchung nach Biopsie oder chirurgischer Entfernung.

Behandlungs- und Überlebenszeiten

Die Behandlung von Oligodendrogliomen kann unterteilt werden in palliative (Prednisolon und AEMs bei epileptischen Anfällen) und definitive (Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie).

Sekundärtumore

Platz 1 - ZNS-Lymphom

Lymphome kommen primär oder metastasierend innerhalb des ZNS vor und sind entweder vom B- oder T-Zelltyp. Bei Katzen ist das ZNS-Lymphom oftmals nur ein Teil mehrerer Tumorherde. Betroffen sein können Vorder-, Stamm-, & Kleinhirn sowie das Bindegewebe der Meningen. Das innerhalb von Blut- & Lymphgefäßen vorkommende Lymphom ist eine seltene Erkrankung mit einer Vorliebe für das ZNS. Typisch ist ein schnelles Wachstum von bösartigen lymphähnlichen Zellen innerhalb von Blutgefäßen ohne oder mit geringer Ausdehnung in angrenzendes Nervengewebe.

Verbreitung

Das Lymphom ist der häufigste sekundäre Tumor und kommt meistens bei kurzhaarigen Hauskatzen vor. Das Durchschnittsalter bei der Diagnose liegt je nach Studie zwischen 7 bis 10,5 Jahre. Vereinzelt wurden diese Katzen positiv auf den Katzenleukämievirus getestet. Eine geschlechtsspezifische Überrepräsentation ist nicht vorhanden.

Klinische Zeichen

Mögliche Anzeichen hängen von der Lage und den negativen Wirkungen des Tumors ab. Die Symptome treten zumeist weniger als 30 Tage vor der Präsentation auf. Dazu gehören Appetitlosigkeit, Bewegungsstörungen, starke Schläfrigkeit, veränderte psychische Verfassung und Aggression.

Diagnostische Untersuchungen

Blut, Serum-Biochemie, Urinanalyse, Radiografie des Brustkorbs, Sonografie des Bauchraums, Gehirn-MRT oder CT, Liquor-Analyse und Gewebeuntersuchung nach Biopsie oder chirurgischer Entfernung. Die Diagnose wird durch die Identifizierung von Lymphoblasten (große durch Kontakt mit Antigenen veränderte Lymphozyten) im Liquor unterstützt. Allerdings bedeutet ihre Abwesenheit nicht das kein Lymphom vorhanden ist.

Behandlungs- und Überlebenszeiten

Das Lymphom kann mittels festgelegten Protokollen behandelt werden. Diese beinhalten u. a. chemotherapeutische Mittel, die die Blut-Hirn-Schranke überwinden (Lomustin, Cytosinarabinosid & Temozolomid). Strahlentherapie wird ebenfalls zur Behandlung von Lymphomen des ZNS eingesetzt. 

Chemotherapie

In zwei Studien mit Katzen, die nur mit Steroidhormonen behandelt wurden, betrug die durchschnittliche Überlebenszeit 21 & 35 Tage.  

Chemo- & Strahlentherapie

Bei Katzen die mit Chemotherapie & Bestrahlung behandelt wurden, betrug die durchschnittliche Überlebenszeit 125 Tage.

Platz 2 - Hypophysentumor

Tumore der Hirnanhangsdrüse entstehen oftmals im Hypophysenvorderlappen; Tumore der Hypophysenhinterlappen sind selten. Krebs der Hypophyse kann Drüsenfehlfunktionen, neurologische Defizite oder beides bewirken. Abhängig von ihrer Größe werden diese in Mikro- oder Makrotumore eingeteilt. Beträgt die Höhe mehr als 10 mm oder breitet sich dieser in Richtung Rücken aus, spricht man von Makrotumoren.

Verbreitung

Hypophysentumore sind der zweithäufigste sekundäre Tumor bei Katzen. Es konnte eine Veranlagung bei männlichen Tieren beobachtet werden.

Klinische Zeichen

Die Symptome hängen mit dem Charakter des Tumors, den raumfordernden Auswirkungen oder beidem zusammen. Neurologische Anzeichen, die einem raumfordernden Hypophysen-Tumor zugeschrieben werden: Verhaltensänderungen, Appetitlosigkeit, reduzierte geistige Fähigkeiten, Aggressivität, unterschiedliche Pupillenweiten, scheinbare Blindheit und Anfälle. Abhängig von der Tumorausdehnung kommen zusätzliche neurologische Ausfälle wie Störungen der Motorik (kreisen), Gesichtsmuskulatur und der Augen hinzu. Drüsenanomalien umfassen insulinresistenten Diabetes mellitus durch übermäßiges Wachstum von Knochen & Weichteilen durch vermehrte Ausschüttung von Wachstumshormonen und selten Pyruvatdehydrogenase.

Diagnostische Untersuchungen

Zu den empfohlenen Untersuchungen für Katzen gehören außer Blut, Serumbiochemie, Urinanalyse, Bildgebung (Brust, Bauchraum & Gehirn) auch geeignete Drüsentests. Bei Verdacht auf einen Wachstumshormonüberschuss kann die zahlenmäßige Bestimmung durchgeführt werden. Wie bei anderen Tumoren ist die MRT die bevorzugte Methode zur Untersuchung der Hypophyse, jedoch kann eine Diagnose auch oft mit kontrastmittelverstärkter CT erreicht werden. Im CT zeigen die Tumore typischerweise ähnliche Merkmale und Muster der Kontrastverstärkung, wie sie bei der MRT vorkommen. 

Die wichtigsten Differenzialdiagnosen sind Meningeom, Lymphom, Ependymom, Granulazelltumor, Keimzelltumor und Kraniopharyngeom (Tumore der Schädelbasis).

Behandlungs- und Überlebenszeiten

Die Strahlentherapie wird bei dieser Tumorart am häufigsten angewendet. Ein Großteil der Studien, die sich mit Strahlentherapie für Hypophysentumore beschäftigten, wiesen Vorteile einer Verkleinerung, einer Verbesserung der neurologischen Symptome und einer längeren Lebenszeit auf. Die durchschnittliche Überlebenszeit mit einem Hypophysentumor, der Wachstumshormonüberschuss & sekundären Diabetes mellitus ohne gleichzeitige neurologische Symptome verursacht, wurde mit 18 bis 28 Monaten angegeben. Die betroffenen Katzen hatten eine deutliche Verringerung des Insulinbedarfs und bei etwa 50 % der Katzen mit Diabetes mellitus konnte auf die weitere Insulintherapie verzichtet werden. Das Ansprechen auf die Behandlung scheint günstig mit Überlebenszeiten von 1 bis 66 Monaten.

Die alleinige Behandlung durch mikrochirurgische Entfernung wurd als verhältnismäßig sicher und wirksam bezeichnet.