Epilepsie bei Katzen: Status epilepticus (str. Epilepsie)

Definition

Ein epileptischer Anfall ist definiert als übermäßige und/oder vermehrt/verstärkt gleichzeitige elektrische Aktivität von Nervenzellen in der Großhirnrinde. Das führt zu anfallsartigen Episoden eines abnormalen Bewusstseins & Sinneswahrnehmung, motorischer Aktivität und/oder autonomer Körperfunktion. Im Wesentlichen stellt die Anfallsaktivität eine vorübergehende anomale Vorderhirnfunktion dar, wobei die klinischen Merkmale vom Ort der Anomalie abhängig sind.

Allgemein ist der Status epilepticus (SE) definiert als fortlaufende Anfallsaktivität, die 20-30 Minuten oder länger dauert. Eine klinisch genauere Definition ist ein Anfall, der länger als 5 Minuten dauert, oder zwei oder mehr Anfälle, zwischen denen die Katze nicht vollständig das Bewusstsein erlangt. Der SE (Grand-Mal-Anfall) mit Versteifung und ruckartig-krampfender Komponente ist ein lebensbedrohlicher medizinischer Notfall. Dieser sollte nicht mit Clusteranfällen verwechselt werden, bei denen es sich um mehrere Anfälle handelt, die über einen Zeitraum von wenigen Minuten bis 24 Stunden reichen, zwischen denen der Patient das Bewusstsein wiedererlangt. Übrigens kann der Status epilepticus auch ohne Krampfanfälle verlaufen. Der krampffreie SE ist in der Veterinärmedizin nicht gut belegt, wird aber in der Humanmedizin bereits anerkannt. In der Humanmedizin werden diese Patienten als komplexe unvollständige SE oder Abwesenheit von SE klassifiziert und benötigen zur Diagnose eine Elektroenzephalografie (EEG).

Anzeichen, Folgen & Verbreitung

Ein Großteil der Patienten zeigt eine offensichtliche ganzkörperumfassende Anfallsaktivität inkl. einer deutlichen Bewusstseinsveränderung. Es wurde keine statistische Häufung eines bestimmten Geschlechts dokumentiert, obwohl eine Studie eine männliche Vorherrschaft aufwies. SE kann aufgrund der auftretenden Veränderungen in eine frühe (0-30 Minuten) und eine späte Phase (über 30 Minuten) unterteilt werden. Katzen mit Clusteranfällen oder Status epilepticus in der späten Phase haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Folgeerkrankungen- und Störungen. Der häufigste SE-Typ ist der versteift-ruckartig krampfende Status, der den ganzen Körper umfasst. Eine spezifische Ursache des Status epilepticus ist nicht bekannt. Es wird berichtet, das es bei Katzen mit symptomatischer (struktureller, metabolischer, infektiöser, immunologischer) oder reaktiven Anfällen (keine Epilepsie per se) öfter auftritt, als bei Patienten mit idiopathischer (genetischer) Epilepsie. Die kontinuierlichen Anfälle zeigen sich bei Katzen häufiger als bei Hunden. 60 % der Epileptiker ohne Behandlung werden im Laufe ihres Lebens einen Status epilepticus erleiden. Es hat sich gezeigt, dass ein erhöhtes Körpergewicht epileptische Patienten für den Status empfänglich macht. Epilepsie verkürzt normalerweise nicht die Lebensdauer!

  • Sauerstoffmangel

  • niedriger Blutdruck

  • niedriger Blutzucker

  • Anstieg der Harnsäurewerte

  • Elektrolytstörung mit erhöhten Kaliumwerten

  • Nierenversagen

  • ausgeprägte Gerinnungsstörung durch Überhitzung

  • irreversible neurologische Störungen

  • Kreislaufkollaps

  • vorübergehende oder dauerhafte Gehirnverletzungen

  • systemisches inflammatorisches Responsesyndrom (SIRS) - ähnelt einer Sepsis

  • Traumata und andere Verletzungen des Körpers

  • Lungenentzündung durch Einatmen von Fremdkörpern oder Flüssigkeiten 

  • Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge, die ihren Ursprung nicht im Herzen haben

  • multiples Organversagen

  • Ausbreitung des Anfallsfokus im Gehirn

  • Atemstillstand

  • Bei einem längeren Anfall können die klinischen Manifestationen schließlich subtil werden, mit kleinen zuckenden Bewegungen des Gesichts oder der Gliedmaßen. Diese Situation wird als elektromechanische Entkoppelung bezeichnet. Hierbei funktionieren zwar die bioelektrischen Funktionen des Herzens normal, jedoch erfolgt kein Bluttransport mehr.

Die anfängliche Reaktion des Körpers auf den Anfall besteht in der Freisetzung großer Mengen von Katecholaminen. Dazu gehören Noradrenalin, Dopamin sowie Adrenalin & deren Derivate. Diese haben negative Auswirkungen auf das Herz- & Gefäßsystem inkl. erhöhtem ganzkörperumfassenden Druck. Betroffen ist der Lungendruck, Blutdruck des linken Herzvorhofes, zentraler Venendruck und Herzfrequenz mit der daraus folgenden Anfälligkeit für Herzrhythmusstörungen.

Die Kombination von Reaktionen des Sympathikus (Teil des autonomen Nervensystems) und erhöhter Muskelaktivität aufgrund der Krampfanfälle führt zu einer Überhitzung, wobei die Körpertemperatur lebensbedrohlich ansteigen kann. Die Muskelzuckungen führen auch zu vermehrt auftretenden Bronchialsekreten & Speichelfluss, die in Verbindung mit einer verminderten Beatmung zu Atemwegserkrankungen führen. In der frühen Phase ist ebenfalls ein Ansteigen des zerebralen Blutflusses zu beobachten, wahrscheinlich als Reaktion auf den erhöhten Stoffwechselbedarf der Nervenzellen. Ein erhöhter Anteil von Milchsäure im Blut (Laktatazidose) tritt aufgrund eines erhöhten sauerstofflosen Stoffwechsels auf, der auf die übermäßige Muskel- und Nervenaktivität zurückzuführen ist.

Wenn der Anfall weiter anhält, versagen die körpereigenen Kompensationsmaßnahmen und können den erhöhten Stoffwechselanforderungen des Gehirns nicht mehr gerecht werden. Die gestörte Atmungsfunktion, die in der frühen Phase auftritt, führt zu einem Sauerstoffmangel im Gewebe, die für die meisten anhaltenden Komplikationen verantwortlich ist. Es kommt zur Beeinträchtigung der Herzkammerfunktion, des Herzminutenvolumens und niedrigem Blutdruck. Durch das Zusammenbrechen der körpereigenen Regulationsmechanismen wird der zerebrale Blutfluss vom Gesamtblutdruck abhängig. Ein niedriger Gesamtblutdruck führt damit zu einer unzureichenden Durchblutung des Gehirns mit folgendem Zelltod. Der weiter steigende Sauerstoffmangel im Körpergewebe kann zu Multiorganversagen führen.

Entstehung

Die grundlegenden Veränderungen eines SE beinhalten das Versagen von Mechanismen, die einen Anfall normalerweise stoppen. Dieses Versagen kann aus einer übermäßigen Erregung oder einer fehlenden Hemmung resultieren. Es ist wahrscheinlich, dass je nach Ursache zahlreiche Mechanismen involviert sind. In gesunden Nervenzellen wird wie in anderen Zellen auch ein Aktionspotenzial durch Änderungen des Zellmembranpotenzials erzeugt. Das Membranpotenzial wird durch den Ein- und Ausstrom von Ionen (Moleküle die durch den Entzug/Zugabe von Elektronen eine elektr. Ladung aufweisen) durch spannungsabhängige Kanäle gesteuert. Bei ruhendem Membranpotenzial ist die Natriumkonzentration außerhalb der Zelle viel höher als innerhalb. Die Verteilung von Kalium verhält sich umgekehrt mit höheren Konzentrationen in der Zelle. Eine Erhöhung der Durchlässigkeit der Membran für Natrium führt zu einer Aufhebung bzw. Umkehrung des Ladungszustandes der Zelle. Sobald das Aktionspotenzial ein sog. Endknöpfchen, ein knopfartig aufgewölbter Endabschnitt der Nervenzelle erreicht, kommt es zum Einstrom von Natrium und zur Öffnung der Kalziumkanäle. Kalzium dringt ein und bewirkt die Freisetzung von Neurotransmittern. Neurotransmitter sind biochemische Stoffe die Signale von einer Nervenzelle zu einer anderen Zelle transportieren. Das Anfallsgeschehen ist auch von synaptischen Eingaben aus dem Hippocampus (limbisches System) abhängig. Diese scheinen den Übergang vom normalen zum krankhaften Dauerfeuer der Nervenzellen während des Anfalls zu erleichtern.

Ein Status epilepticus, der länger als 30 Minuten dauert, kann Hirnschäden verursachen - insbesondere in einem sehr alten Teil des Gehirns den limbischen Strukturen (limbisches System). In mehreren Tierversuchen wurden nach andauernden Anfällen Hinweise auf Nervenzellschäden gefunden. Betroffen waren die Sektoren CA1 und CA3 des Hippocampus, die Schichten 3, 5 und 6 des Neokortex (jüngster Teil der Großhirnrinde), die Purkinjezellen im Kleinhirn, der Sehhügel (Thalamus) und der Mandelkern. Tierversuche haben auch gezeigt, welche schädliche Rolle Überhitzung, Sauerstoffmangel im Gewebe und niedriger Blutdruck bei der Entstehung weiterer Nervenzellschäden spielen. Dass Veränderungen von Nervenzellen auch bei gut beatmeten Tieren mit ausreichendem Glukosespiegel beobachtet werden, deutet darauf hin, dass die fortgesetzte Anfallsaktivität selbst wesentlich zu Nervenzellschäden beiträgt. Die örtlich begrenzte motorische Anfallsaktivität wurde bei Veterinärpatienten beobachtet und kann so lange andauern, dass sie als örtlich begrenzte motorische SE eingestuft wird. Möglich ist auch eine Verallgemeinerung und Übergang zum ganzkörperumfassenden Status epilepticus.

GABA

Wichtige Rollen spielen auch die in erhöhten Konzentrationen auftretenden & stimulierende Aminosäure L-Glutamin und Gamma-Aminobuttersäure (GABA). GABA ist ein wichtiger hemmender Neurotransmitter im ZNS. Daher wird angenommen, dass die veränderte Funktion der GABA einen wesentlichen Anteil zu den Veränderungen die zum Anfall führen, beiträgt. Durchgeführte Experimente deuten darauf hin, dass das Versagen der Hemmung möglicherweise durch eine Verschiebung der Eigenschaften des GABA-Rezeptors verursacht wird, die bei längeren Anfällen auftritt. Das dauerhafte Feuern der Nervenzellen verursacht einen massiven Stoffwechselbedarf, der durch Glutamat (Salz der Aminosäure Glutamin) und verminderte GABA-hemmende Neurotransmission verstärkt wird. Die dauerhafte Reizüberflutung und die Schädlichkeit von Neurotransmittern führen zum Nervenzelltod - auch bekannt als Exzytotoxizität.

NMDA

Durch den Status epilepticus werden viele molekulare Signale ausgelöst, in deren Folge Rezeptoren in den Nervenzellmembranen aktiviert werden. Es hat sich gezeigt, dass die Aktivierungen von NMDA-Rezeptoren eine Schlüsselrolle bei der Signalübertragung von Nervenzellen und deren späterem Tod spielen. Diese ionotropen Glutamatrezeptoren kommen vor allem im ZNS vor und werden durch Magnesiumionen außerhalb der Zelle geblockt oder durch Glutamatbindungen aktiviert. Bei einer anhaltenden Stimulation der Nervenzellen kommt es zur Aktivierung dergleichen. In mehreren Tierversuchen haben sich NMDA-Rezeptorantagonisten erfolgreich an die Rezeptoren angeheftet und so die Anfallsaktivität verzögert bzw. blockiert. Hohe Konzentrationen der stimulierenden Aminosäure Glutamin führen dazu, dass NMDA-Rezeptoren Kationenkanäle (Kation=durch Elektronenentzug positiv geladenes Ion) für Kalzium öffnen. Große Mengen an Kalzium dringen in die Nervenzelle ein und leiten dann eine Kaskade zellinterner neurochemischer Ereignisse ein, die die Zellen töten. Andere mögliche nervenzellschädigende Substanzen, die während des SE freigesetzt werden, umfassen Asparaginsäure/Aspartat (nichtessenzielle, proteinogene Aminosäure), freie Fettsäuren, Arachidonsäure (semiessenzielle Fettsäure) und freie Radikale (hochgradig reaktiv).

Bestimmte Bereiche des Gehirns sind empfindlicher für die schädlichen Auswirkungen eines SE. Der biochemische Grund dafür ist komplex und noch nicht vollständig verstanden. Eine Theorie besagt, dass es einen Mechanismus gibt, der durch die Wechselwirkung von Glutamat mit NMDA-Rezeptoren entsteht. Die Verabreichung von Glutamat führt nämlich zu einer ähnlichen Verteilung von Nervenzellschäden wie die von SE. Zu den besonders anfälligen Bereichen gehören die Pyramidenzellen des Hippocampus und der Mandelkern (Amygdala). Fatalerweise sind beide Regionen reich an GABA, dem wichtigsten hemmenden Neurotransmitter des Gehirns. Die Zerstörung dieser Regionen macht das Tier sehr empfänglich für (künftige) Episoden von SE und kann eine langfristige Kontrolle der Anfälle erschweren.

Paroxysmale synchrone Depolarisation (PDS)

Es wird vermutet, dass Nervenzellen der Großhirnrinde eine sog. paroxysmale synchrone Depolarisation durchlaufen, die als paroxysmale depolarisierende Verschiebung (PDS) bezeichnet wird. Die direkte Folge sind unterschiedliche Ladungszustände - Feuer & Ruhe - ein grundlegender Mechanismus bei der Entladung einer epileptischen Nervenzelle. Dies führt zu einem ungewöhnlichen Anstoß von Aktionspotenzialen, die sich in synchronen Salven ohne angemessene Hemmung fortsetzen.

Differenzialdiagnose

Mögliche Grunderkrankungen im Zusammenhang mit SE, müssen immer intensiv gesucht und behandelt werden, um die Anfallskontrolle zu erleichtern und sicherzustellen, dass die zugrunde liegende Ursache behandelt wird, bevor sie zu irreversiblen Hirnschäden führt. Häufige Ursachen sind Tumore, Entzündungen des ZNS, Traumata, Stoffwechselstörungen wie Elektrolytstörungen, Blutarmut (Anämie) und Vergiftungen. Daher gibt es keine einheitlich zugrunde liegenden Krankheitsprozesse für einen Status epilepticus. Im Falle einer (vermuteten) Vergiftung sollte eine Magenspülung mit reichlich warmer Kochsalzlösung oder Wasser durchgeführt werden - gefolgt von der Verabreichung von Aktivkohle. 

Diagnose

Da es sich beim Status epilepticus um einen medizinischen Notfall handelt und die Bereiche Diagnose, Überwachung & Behandlung gleichzeitig mit diagnostischen Untersuchungen stattfinden müssen, erfordert die Situation stets ein medizinisches Team. Das Diagnoseprotokoll für einen Patienten, der sich im SE befindet, umfasst eine ausführliche Aufnahme der Krankengeschichte um zu bestimmen, ob eine Vergiftung oder ein Trauma möglich ist. Bei der ersten Vorstellung des Patienten ist es daher ratsam, den Schädel und die Wirbelsäule auf Anzeichen eines kürzlich erlittenen Traumas zu untersuchen. Dies sollte durch sanftes Abtasten des Tieres erfolgen, wobei evtl. eine Krepitation festgestellt werden kann. Mit dem Begriff Krepitation wird das hör- & fühlbare knistern bei der Reibung von Knochenfragmenten eines gebrochenen Knochens bezeichnet.

Bei allen SE-Patienten sollte eine sofortige Beurteilung des Glukose-, Natrium- und Kalziumspiegels, sowie der Cholinesterasewerte (zu den Hydrolasen gehörendes Enzym) im Serum erfolgen und eine evtl. Nieren- und Leberfunktionsstörung abgeklärt werden. Leber- und Muskelenzyme können kurz nach dem Anfall aufgrund der Auswirkungen von Sauerstoffmangel im Gewebe, niedrigem Blutdruck und Krampfaktivität der Muskeln erhöht sein. Es sollten Untersuchungen des Blutes, der Serumbiochemie & Urins folgen. Die Ergebnisse können eine Stoffwechselstörung als Ursache für den SE offenbaren und / oder helfen die durch die SE hervorgerufenen Schäden zu bewerten. Eine vermehrte Ausscheidung von Myoglobin über die Niere nach dessen Übertritt ins Blut kann ebenso mit dem SE in Verbindung gebracht werden. Wenn der Patient bereits Antiepileptika erhält, sollte sobald wie möglich der Blutspiegel dieser Medikamente überprüft werden.

Wenn die Anfallsaktivität unter Kontrolle gebracht und der Patient stabil genug für eine Betäubung ist, wird eine erweiterte Bildgebung mit CT oder MRT empfohlen, um festzustellen, ob eine strukturelle Erkrankung vorliegt. Eine Liquoranalyse sollte durchgeführt werden, um den Patienten bzgl. einer Gehirnentzündung zu untersuchen; dabei sollten die Serum- und Liquorinfektionskrankheitstiter beachtet werden sowie eine PCR-Analyse erfolgen. Titer sind Maßangaben für Verdünnungen von Antikörpern/Antigenen, die gerade noch eine positive Antigen-Antikörperreaktion ergeben. Mittels PCR=Polymerasekettenreaktion werden einzelne Gensequenzen vervielfältigt. Dadurch können an sonst nicht ausreichend vorhandene Sequenzen so lange vermehrt werden, bis eine ausreichende Anzahl für Untersuchungen zur Verfügung steht. Es können Abnormalitäten in der Bildgebung und Liquor sichtbar werden. Im Zusammenhang mit dem Status epilepticus wurden Schäden in den piriformen (piriformer Komplex) / temporalen (Teil des Großhirns) Lappen mittels MRT beschrieben. Diese Läsionen erscheinen als variable hellere Bereiche in T2-gewichteten Sequenzen und dunklere Bereiche in T1-gewichteten Sequenzen. Die Signalintensitäten in der MRT repräsentieren einen Anstieg des relativen Wassergehalts und gehen vermutlich auf (Blut-)gefäße und / oder zellgiftige Flüssigkeitsansammlungen zurück.

 

  • Arterielles Blutgas

    Eine stoffwechselbedingte Übersäuerung des Blutes tritt häufig auf und wird nach Stabilisierung des Patienten beseitigt. Die atmungsbedingte Übersäuerung (respiratorische Azidose) muss sofort behandelt werden.

  • Elektrolytanalyse

    Aufgrund des erhöhten Stoffwechsels besteht ein gesteigerter Flüssigkeitsbedarf. Der Erhaltungsbedarf kann deshalb mit einer isotonen wässrigen (Salz)lösung (z. B. Ringerlaktat) ergänzt werden. Bei Austrocknung oder erwünschter Flüssigkeitsdiurese (Vergiftungen & Nierenversagen) kann diese Menge nach Ausschluss einer Herzerkrankung erhöht werden. Mit dem Begriff Diurese wird der Funktionszustand der Niere beschrieben, bei der es zu vermehrter Wasserausscheidung kommt.

  • Glukoseanalyse

    Wenn eine Unterzuckerung vorliegt, kann dieser 15 Minuten lang mit verdünnter Dextrose oder oral mit Glukosesirup gegengesteuert werden.

  • Hämatologie & Serumchemie

    Kann durch Anfallsaktivität beeinträchtigt sein und muss daher 48 Stunden nach der Stabilisierung wiederholt werden.

  • Urinanalyse

    Ausschluß einer Myoglobinurie und Überwachung der Harnausscheidung.

  • Medikamentenspiegel

    Bestimmung sofern der Patient bereits ein Antiepileptika erhält.

  • EKG

    Herzrhythmusstörungen können aufgrund von Herzmuskelschäden noch bis zu 72 Stunden nach den Anfällen auftreten.

  • Gallensäurebewertung

  • Vergiftungsverdacht

    Blutentnahme um den Cholinesterasespiegel zu bestimmen.

  • Liquoranalyse

    Ausschluss einer Entzündungskrankheit.

  • MRT / CT-Scan des Gehirns

    Ausschluss struktureller Gehirnerkrankungen.

  • EEG

    Trotz Beendigung der sichtbaren Anzeichen kann sich die Beschlagnahme im Hintergrund fortsetzen.

  • Röntgenaufnahmen vom Brustkorb & Ultraschall vom Unterleib

    Bei Verdacht auf Infektionskrankheit, zur Beurteilung einer evtl. Lungenerkrankung oder bei Tumorverdacht nach Gewebeneubildung.

  • Kreatinkinase

    Zur Beurteilung des Absterbens von Muskelgewebe und der indirekten Anfallsaktivität. Kreatinkinasen sind zu den Kinasen gehörenden makromoleküle Enzyme.

Viele dieser Manifestationen lösen sich mit der Zeit (10 Tage bis 18 Wochen) ohne zusätzliche Anfallsaktivität vollständig oder zumindest teilweise auf. 

Das Elektroenzephalogramm

Obwohl die Erstdiagnose von SE im Allgemeinen auf klinischen Kriterien basiert, spielt die Elektroenzephalografie eine wichtige Rolle bei der Diagnose und dem Management von SE. Ziel ist die Beseitigung der Anfallsaktivität im EEG, da die Anfallsaktivität im Gehirn auch nach Beendigung der sichtbaren Anzeichen weitergehen kann. Zunächst werden minimale Veränderungen beobachtet, die sich zu einem zunehmenden und abnehmenden Muster rhythmischer Entladungen während des Anfalls zusammenschließen und sich fortsetzen können. Diese ununterbrochene Anfallsaktivität kann die Form von Spitzen- oder Wellenmustern annehmen. Die Wellen werden durch Perioden relativer Abflachung unterbrochen, die mit der Verkürzung der Entladungen während des Anfalls immer länger werden. Diese Muster lassen sich auch bei komatösen Patienten mit äußerst subtilen krampfenden Bewegungen erkennen und weisen auf einen Status epilepticus hin. Leider wird eine umfangreiche Serienauswertung der EEG-Aufnahmen bei tierärztlichen Patienten mit SE nicht oder nur selten gemacht. Dabei sollten EEG-Aufzeichnungen bei Patienten mit Anzeichen oder nach Verabreichung von Medikamenten angewendet werden, um eine Fortsetzung der SE im Hintergrund zu erkennen. Wenn die Anfallsaktivität endet und sich das Bewusstsein des Patienten deutlich erholt hat, ist keine EEG-Überwachung mehr erforderlich. Trotz der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des EEG sollten Behandlungen nicht durch das Warten auf die Ergebnisse verzögert werden. Die Auswertung kann nach der Beendigung des Anfalls erfolgen. Auch SE-Patienten ohne bzw. mit geringen sichtbaren motorischen Aktivitäten im EEG sind einem Risiko für Schäden des ZNS ausgesetzt und müssen sofort behandelt werden. 

Behandlung

  • Stabilisierung des gesamten Körpers

  • Korrektur der Ursachen

  • Einstellung der Anfallsaktivität

Wann und wie sollte eine Notfallbehandlung bei Epilepsie & Status epilepticus erfolgen?

Ein einmaliger epileptischer Anfall, von wenigen Minuten Dauer, rechtfertigt keine langfristige antiepileptische Therapie. Im Allgemeinen wird eine Behandlung in folgenden Fällen empfohlen:

  • innerhalb eines Jahres treten mehr als vier Episoden auf

  • mehr als ein Anfall in 6 Monaten

  • die Katze hat innerhalb von 24 Stunden mehr als einen Anfall

  • bei Clusteranfällen

  • die Katze einen Status epilepticus erleidet (Anfall mehr als 5 Minuten oder mehrere Anfälle ohne Erreichen eines Normalzustands)

  • der Anfall auf ein Trauma oder strukturellen Hirnschaden zurückzuführen ist

  • ganzkörperumfassende Anfälle, die mit Atemdepression, reduziertem Bewusstsein, verminderter Reaktionsfähigkeit auf Reize sowie Blindheit einhergehen.

Anfälle, die länger als 10 Minuten anhalten (Status epilepticus) oder innerhalb weniger Stunden mehrfach auftreten (Cluster), erfordern ein sofortiges Eingreifen. Ziel der Behandlung ist das Ruhigstellen des elektrisch überaktiven epileptogenen Herdes im Gehirn, da ansonsten lebensbedrohliche Komplikationen auftreten können. Zu Hause ist die rektale Verabreichung eines Diazepamklistiers bzw. Diastat am Besten.

Meinung: Wir hatten für unsere Katze Philippine immer ein Diazepam-Diastat in der Flurkommode griffbereit liegen. Lassen Sie sich von Ihrem Tierarzt zeigen, wie Sie Ihre Katze sicher unter Kontrolle bringen und das Medikament verabreichen können. Wichtig ist auch, ob Sie dieses alleine durchführen müssen oder ob ihnen Hilfe dafür zur Seite steht. Entsprechend sollte natürlich auch der Partner eingewiesen werden.

  • Die rektale Verabreichung von Diazepam erreicht ähnlich schnell wie die intravenöse Gabe seine Wirkung (1 bis 3 Minuten). Allerdings kommt es bei der einmaligen rektalen Applikation bereits nach rund 15 Minuten zum höchsten Wirkungsgrad mit anschließendem Abfall.

Beim Tierarzt angekommen erfolgt vor der Erfassung der Krankengeschichte, das Legen eines venösen Zugangs und eine Blutentnahme für die Diagnostik. Bei Ausbleiben der sedativen Wirkung kann die Verabreichung eines Diazepam oder Midazolam-Bolus intravenös wiederholt werden. Als Bolus wird die Gabe von Medikamenten innerhalb kurzer Zeit bezeichnet, die dazu dient möglichst schnell einen Wirkspiegel, zu erreichen.

Stabilisierung des gesamten Körpers

Überwachung des SE-Patienten

  • Atemfrequenz

    Bevorzugt wird hier die andauernde Überwachung mittels Telemetrie. Telemetrie meint die Übertragung von Messwerten. Zielbereich: 10–20 Schläge pro Minute. Anhaltende SE führte in Versuchen bei beatmeten und gelähmten Tieren zu nervenbedingten Todesfällen, selbst wenn die Stoffwechselfaktoren korrigiert wurden.

  • Urinproduktion 

    Die Platzierung eines geschlossenen Harnsammelsystems wird aus hygienischen Gründen und zur angemessenen Überwachung der Ein- & Ausgänge empfohlen:

  • Ein spezifisches Uringewicht (USG) über 1,030–1,035 ist konzentriert und kann auf eine unzureichende Flüssigkeitszufuhr hinweisen.

  • Normale Urinproduktion: 1–2 ml / kg / Stunde

  • Blutdruck

    Eine häufige Überwachung mit Oszillometrie oder Doppler ist ratsam - mit der Oszillometrie wird eine Lungenfunktionsuntersuchung zur Atemmechanik und indirekten Blutmessung bezeichnet. Eine dauerhafte, direkte arterielle Blutdrucküberwachung ist nicht erforderlich, kann jedoch verwendet werden wenn ein arterieller Zugang besteht. Ziel ist es, den systolischen Blutdruck über 90 mmHg (MAP 70–80 mmHg) zu halten.

  • Neurologische Untersuchung

    Es ist zwingend erforderlich, dass diese Untersuchungen durchgeführt und aufgezeichnet werden, um eine Überprüfung und Bewertung von Anzeichen einer Verbesserung / Verschlechterung zu ermöglichen.

  • Herzfrequenz / Rhythmus

    Bevorzugt wird eine dauerhafte Überwachung mit Telemetrie oder Doppler-Überwachung. Zielbereich: 140–180 Schläge pro Minute. Mit der Doppler-Überwachung bzw. Sonografie wird der Blutfluss durch die Blutgefäße hörbar.

  • Sauerstoffversorgung / Belüftung

    Die Überwachung der Sauerstoffanreicherung mittels Pulsoximeter - Messung des Pulses und Sauerstoffsättigung im kapillären Blut - und CO 2 am Ende der Ausatmung ist machbar:

  • Pulsoximetrie: über 95 %.

  • CO 2 beim Ausatmen: 35–40 mmHg.
  • PaO 2: 75–100 mmHg (arteriell; in Raumluft).
  • PaCO 2: 35–45 mmHg (arteriell; in Raumluft).

  • Körpertemperatur

    Eine Rektalsonde wird von vielen Patienten aufgrund des Sedierungsniveaus toleriert. Zielbereich: 37,8–39,2 °C. Bei drohender Unterkühlung Bair hugger - Temperaturmanagementsystem

Atemwege, Atmung & Kreislauf

Unterdrückung von Krämpfen

Ein Status epilepticus muss nach der Stabilisation der Atemwege & Atmung medikamentös unterdrückt werden, um die bereits erwähnten Folgeschäden zu verhindern. Infrage dafür kommen vor allem Benzodiazepine (Diazepam iv oder Midazolam iv oder im), da sie schnell wirken. Diazepam kann auch rektal als Suppositorium oder als intravenöse Lösung verwendet werden. Die intrasanale Verabreichung von Midazolam ist denkbar, wenn ein i.v. Zugang nicht möglich ist; allerdings scheint die Wirksamkeit bei Katzen weniger gegeben zu sein als bei Hunden. Der antiepileptische Effekt durch die hemmende Wirkung einer Stimulation von GABA A-Rezeptoren von Diazepam und Midazolam tritt innerhalb von ein paar Minuten ein, die Wirkungsdauer ist jedoch verhältnismäßig kurz. Diazepam kann im Abstand von 10 Minuten zweimal wiederholt oder als Dauertropf (verdünnt in Glukose oder NaCl) verabreicht werden. Da Diazepam lichtempfindlich ist, von Plastik absorbiert wird und zur Venenentzündung führen kann, ist die Dauertropfinfusion mit Midazolam vorzuziehen, allerdings gibt es bisher keine etablierte Dosierung in der Veterinärmedizin.

Sauerstoffmangel im Gewebe (Hypoxie)

Sauerstoffmangel im Gewebe kann SE-bedingt sein und muss korrigiert werden, bis eine Erholung eintritt. Das Atemwegsmanagement bei einem Patienten, der aktiv einen Anfall erleidet, kann schwierig sein. Die Durchgängigkeit der Atemwege ist jedoch für solch einen Patienten von entscheidender Bedeutung. Das Maß des Einschreitens hängt vom Status des Tieres ab. Möglicherweise müssen die Atemwege abgesaugt werden, da zu viel Speichel produziert wird. Empfohlen wird die Verabreichung von 100 % Sauerstoff über eine rückatmungsfreie Maske. Sofern die Katze nicht darauf anspricht, nicht spontan atmet oder die Beatmung nicht ausreichend ist (Kohlenstoffdioxidgehalt der Atemluft & Kohlendioxidgehalt im arteriellen Blut) sind Intubation und / oder mechanische Beatmung durchzuführen. Intubation meint die Beatmung mittels Endotrachealtubus, einem röhrenförmigen Medizinprodukt, das in die Luftröhre eingeführt wird.

Die für die Beendigung der Beschlagnahme erforderliche Anästhesierung verringert die Belüftung. Der Tierarzt sollte sich und den Katzenbesitzer dementsprechend rechtzeitig darauf vorbereiten. Wichtig ist das Vermeiden eines erhöhten Schädelinnendrucks durch Kompression der Venen im Kopf- & Halsbereich (Jugularvenen), Husten während der Intubation (Lidocain verwenden) und Niesen (kein Sauerstoff der Nase). Zur Verabreichung von Flüssigkeiten und Medikamenten sollte ein intravenöser Katheter mit großem Durchmesser platziert werden - dies ist während des SE nicht möglich, was die Behandlungsmöglichkeiten zunächst einschränkt.

hoher Blutdruck (Hypertonie) & niedriger Blutdruck (Hypotonie)

Während hoher Blutdruck in der Regel früh in Erscheinung tritt, folgt diesem im weiteren Verlauf oft ein niedriger Blutdruck, der sich durch die angewendeten Antiepileptika häufig verschlimmert. Daher ist es wichtig den ganzkörperumfassenden Blutdruck zu stabilisieren & überwachen, was während eines Anfalls undenkbar ist. Die Behandlung von Bluthochdruck hängt also von der Einstellung der Anfallsaktivität ab. Niedriger Blutdruck sollte anfänglich mit einem Bolus aus wässriger (Salz)lösung, gegebenenfalls gefolgt von Kolloiden (Stoffe die in einem anderen Medium verteilt sind) behandelt werden. Bei SE-Patienten ist die Übersäuerung weitaus häufiger als ein erhöhter ph-Wert des Blutes. Daher ist die Verabreichung ausgewogener Elektrolytlösungen ratsam.

Säure-Base-Status

Wie bereits unter Diagnose - art. Blutgas erwähnt, tritt eine stoffwechselbedingte Übersäuerung während der Krampfepisode häufig auf und endet meist mit dem Aufhören der Krämpfe. Die Feststellung von Sauerstoffmangel im Gewebe oder atmungsbedingte Übersäuerung sollte zu sofortigen Versuchen führen, die Sauerstoffversorgung zu verbessern.

Temperaturregelung

Überhitzung tritt bei Katzen mit SE oft auf und kann lebensbedrohlich sein. Wenn die Temperatur 40 °C überschreitet, sollten passive Kühlmaßnahmen eingeleitet werden. Zur Kontrolle sollte deshalb eine kontinuierliche Rektaltemperaturüberwachung erfolgen, insbesondere wenn Kühlmaßnahmen zur Verhinderung einer Reboundhypothermie durchgeführt werden. Die passive Kühlung sollte gestoppt werden, wenn die Patiententemperatur 39 °C erreicht - um diese Reboundhypothermie zu vermeiden. Reboundhyperthermie meint die Abnahme der Temperatur auf weniger als 36,1 °C nach Einleitung einer Abkühlung.

Unterzuckerung (Hypoglykämie)

Wenn ein niedriger Blutzucker bestätigt ist, wird die Verabreichung von Dextrose iv empfohlen. Dieser Bolus sollte idealerweise verdünnt und über 15 Minuten verabreicht werden. Ein zu hoher Blutzucker wird mit einer erhöhten Nervenzellschädigung in Verbindung gebracht. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass bei einer Unterzuckerung vor der Verabreichung eines intravenösen Bolus genaue Werte festgestellt werden, um ein Hinausschießen in die Überzuckerung zu vermeiden. Die Nervenzellschädigung ist das Ergebnis der sauerstoffarmen Umgebung und somit des sauerstofflosen Stoffwechsels kombiniert mit einem erhöhten Anteil der Milchsäure im Blut (Laktatazidose). Die Verabreichung von Vitamin B 1 (Thiamin) kann dazu beitragen, den schädlichen Nebenwirkungen einer Überzuckerung entgegenzuwirken. Thiamin ist ein Coenzym, das für den Eintritt von Glukose in den Krebs-Zyklus im Gehirn unerlässlich ist. Krebs-Zyklus oder auch Citratzyklus= treffen die Abbauwege der Kohlenhydrate, Proteine und des Fettstoffwechsels in Form aktivierter Essigsäure zusammen. Es wird empfohlen, Thiamin (IM) vor der Verabreichung eines Dextrosebolus zu verabreichen. Wenn die intravenöse Therapie erschwert wird, kommt die orale Verabreichung eines Sirups auf Zuckerbasis zum Einsatz. Die Verabreichung von oralen Medikamenten sollte mit Vorsicht erfolgen und nur bei Patienten mit einem ausreichenden Bewusstseinsgrad angewendet werden.

Bei einer Unterzuckerung ist auch das Aufziehen und iv-Gabe von Dextrose, mit einer Verdünnung von NaCl-Lösung möglich. Gefolgt von einer dauerhaften Rateninfusion mit Dextroselösung in variabler Konzentration. Muss der zentrale Venenkatheter verwendet werden, sollte die Dextrosekonzentration geringfügig höher sein. Eine Platzierung des iv-Katheters erfolgt stets unter Vermeidung der Jugularvenen - das gleiche gilt für die Blutabnahme.

verminderter Kalziumspiegel im Blut (Hypokalzämie)

Wird bei der Katze ein verminderter Kalziumspiegel im Blut bestätigt, ist eine sofortige Therapie notwendig. Hierzu erfolgt die Verabreichung von Kalziumglukonat (iv langsam über 10 Minuten) - Kalziumglukonat ist das Kalziumsalz der Glukonsäure. Dabei sollten Herzfrequenz & Rhythmus bestenfalls mittels Elektrokardiografie überwacht werden. Die Infusion sollte abgebrochen werden, wenn Anzeichen eine Unterschreitung der altersüblichen Herzfrequenz vorliegen. Eine längerfristige Aufrechterhaltung des verminderten Kalziumspiegels erfordert orales Kalzium (alle 8–12h) und Vitamin D (Calcitriol alle 24h; Dihydrotachysterol alle 24h für 3 Tage, dann reduziert alle 6–24h) als Ergänzung. Die Kalziumkonzentration im Serum sollte alle 1–3 Tage überwacht und entsprechend angepasst werden. Am häufigsten wird Kalziumglukonat als langsamer i. v. Bolus über 15–20 Minuten verwendet. 

Natriumabnormalitäten

Chronische Unregelmäßigkeiten bzgl. des Natriumgehalt sollten langsam korrigiert werden, da eine schnelle Korrektur zu einer weiteren neurologischen Verschlechterung führen kann.

Hepatische Enzephalopathie 

Hierbei handelt es sich um eine Lebererkrankung, bei der das Gehirn durch Stoffe vergiftet wird, die sich im Blut anreichern. Diese tritt auf, wenn die Grenzen der Stoffwechsel- und Entgiftungsfunktionen der Leber ausgeschöpft sind. Ursachen hierfür sind eine eingeschränkte Leberfunktion, ein Enzymmangel im Harnstoffzyklus oder ein abnormales Zirkulieren des Pfortaderbluts um die Leber. Einige der Substanzen umfassen Ammoniak, Aminosäuren (insbesondere die aromatischen Aminosäuren), kurzkettige Fettsäuren, Mercaptane (auch als Thioalkohole & Alkanthiole bekannt - organische Moleküle) und biogene Amine (basische Moleküle, die eine Monoamin oder mehrere Polyamine Aminogruppen als funktionelle Gruppe tragen). Die Kurzzeittherapie von HE kann Lactulose, Einläufe und Antibiotika umfassen.

Unterbrechung des Status epilepticus mit Medikamenten in der Klinik/beim Tierarzt

Mit der Verabreichung von Antiepileptika (iv) sollte unmittelbar nach Legung des intravenösen Zugangs begonnen werden. Da der intravenöse Zugang anfangs häufig nicht möglich ist, sollten andere Verabreichungswege in Betracht gezogen werden. Eine sofortige Therapie ist auf der Grundlage der Annahme gegeben, dass die Dauer der SE mit der neurologischen Morbidität zusammenhängt und möglicherweise auf die Behandlung mit Diazepam weniger anspricht.

Katzen, die keine direkt therapierbare Ursache wie z. B. Unterzuckerung oder verminderten Kalziumspiegel aufweisen und nicht auf ein Benzodiazepin ansprechen, erhalten Phenobarbital. Phenobarbital erhöht das Schwellenpotenzial durch die Stimulation von hemmenden GABA A-Rezeptoren sowie der Hemmung von AMPA-Rezeptoren (unspezifische Kationenkanäle, gehören zu den ionotropen Glutamatrezeptoren) durch eine Verminderung der Glutamatfreisetzung. Zu beachten ist, dass aufgrund der verminderten Lipidlöslichkeit die Zeit bis zum Wirkungseintritt bis zu 30 Minuten betragen kann.

Wenn sich die Katze im Status epilepticus befindet oder unter schweren Anfällen mit geistiger Abwesenheit, unkontrollierten rhythmischen Augenbewegungen, nicht reagierende Pupillen, Unterschreitung des altersüblichen Herzfrequenz und Bluthochdruck oder unterschiedlichem Pupillendurchmesser leidet, ist eine Dosis Mannitol (über 15-20 Minuten iv) angezeigt. Diese Verabreichung sollte auf drei Dosen innerhalb von 24 Stunden beschränkt sein und dient der Verringerung zerebraler Flüssigkeitsansammlungen. Zur Behandlung neurogener Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge und Flüssigkeitsansammlung im Gehirn wird eine Oxygenierung - Sauerstoffbindung an das zweiwertige Eisen des roten Blutfarbstoffs - mittels Nasensonde, Intubation, Sauerstoffkäfig sowie bei ausreichender Hydratation die Verabreichung von Mannitol (innerhalb von 20 Minuten i. v.) empfohlen. Pflegerische Maßnahmen vervollständigen die Behandlung.

Die intravenöse Verabreichung von Furosemid vor der Mannitolinfusion kann eine Zusammenwirkung sowohl bei der Verringerung des Drucks innerhalb der Schädelhöhle als auch den leichten Druckanstieg verhindern, der bei der ersten Verabreichung von Mannitol auftritt. Die Katze sollte vor der Verabreichung von Mannit hydratisiert werden, und die Flüssigkeitstherapie sollte fortgesetzt werden, um niedrigen Blutdruck oder Austrocknung infolge der Verabreichung von Mannit zu vermeiden.

Anfall stoppen (1)

  • Verabreichung von Diazepam iv. Wiederholung des Vorgangs für insgesamt drei Dosen. Das Anhalten der antiepileptischen Effekte beträgt 30 Minuten oder weniger, daher sollte auch ein länger anhaltendes antiepileptisches Medikament verabreicht werden. Weitere injizierbare Benzodiazepin-Arzneistoffe wurden für die klinische Verwendung vorgeschlagen, obwohl die Daten derzeit auf pharmakokinetische Informationen beschränkt sind. Midazolam hat einen schnellen Wirkungseintritt und eine kurze Eliminationshalbwertszeit nach intravenöser oder intramuskulärer Verabreichung. Die Eliminationshalbwertzeit oder auch Plasmahalbwertzeit gibt an, in welcher Zeit die Plasmakonzentration eines Stoffes auf die Hälfte abfällt. Dieses Medikament kann durchaus effektiver und etwas sicherer als gleichwertige Diazepamdosen sein. Lorazepam hat eine stärkere Wirkung als Diazepam an den Benzodiazepinrezeptoren und hält nach iv-Verabreichung länger an. Aus diesem Grund ist die intravenöse Anwendung von Lorazepam bei der Behandlung von Notfällen gegenüber iv-Diazepam vorzuziehen.

  • Wenn drei Dosen Diazepam den Anfall nicht stoppen, gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • Verabreichung von injizierbarem LEV über 5 Minuten. Dies führt zu einem schnellen Erreichen therapeutischer Konzentrationen für mindestens 8 Stunden. Die intramuskuläre Injektion hat eine 100%ige Bioverfügbarkeit und ist eine Option, wenn der intravenöse Zugang nicht sofort verfügbar ist. Bioverfügbarkeit gibt den prozentualen Anteil eines Wirkstoffs einer Dosis an, der unverändert im Kreislauf zur Verfügung steht.

  • Intravenöse Applikation von Propofol. Bereitschaft für die Platzierung eines Endotrachealtubus zwecks Atemunterstützung muss gegeben sein. Die antiepileptischen Effekte können mit einer dauerhaften Infusion von Propofol aufrechterhalten werden, die auf die Wirkung schrittweise angepasst wird.

  • Gabe von Ketamin iv. Eine kontinuierliche Infusionsrate kann die antiepileptischen Effekte aufrechterhalten.

  • Verabreichung von Pentobarbital intravenös über mehrere Minuten. Dieses Medikament dringt im Vergleich zu Diazepam langsamer ins Gehirn ein und benötigt eine endotracheale Intubation. Eine Pentobarbital-Narkose kann zu deutlicher Verminderung der Lungenbelüftung und lebensbedrohlicher CO2-Ansammlung im Blut führen, weshalb CO2 mittels Blutgas (arteriell oder venös) oder CO2-Messung am Ende der Ausatmung überwacht werden muss. In einigen Kliniken wird möglicherweise Pentobarbital verwendet. 

     

  • Intravenöse Gabe von Phenobarbital. Die Wirkung tritt erst nach 15–20 Minuten ein. Einige bevorzugen dieses Medikament jedoch, weil es nicht anästhesiert.

  • Auslösung einer Vollnarkose mit Isofluran.

Die zu erwartenden Nebenwirkungen einer Anästhesie mit Pentobarbital oder Propofol sind niedriger Blutdruck bedingt durch die Erweiterung der Blutgefäße und Verminderung der Herzkontraktilität, verminderte Lungenbelüftung, Unterkühlung, verlängerte (krampfähnliche) Aufwachphase. Die Katzen müssen deshalb entsprechend überwacht, intubiert und unter Umständen beatmet werden.

Sowohl Propofol als auch Pentobarbital können mit einem Midazolam-Dauertropf kombiniert werden, um die Dosierung so gering wie möglich zu halten. Die Tiere sollten keine Anfälle mehr zeigen, weder ganzkörperumfassend noch lokal. Sowohl bei Pentobarbital als auch bei Propofol ist umstritten, ob die zentrale Wirkung genügt, um die Krämpfe auf Nervenzell- und nicht nur auf muskulärer Ebene zu unterdrücken. Anästhesierte Tiere sollten deshalb zusätzlich Phenobarbital (i. v. 2 Mal täglich) erhalten. Anästhesierte Katzen werden i. d. R. 12–24 h narkotisiert. Während dieser Zeit sollten weitere diagnostische Untersuchungen zum Zwecke der Einleitung einer individuellen Therapie erfolgen.

Unterstützung (2)

  • Unterstützende Betreuung und Auswertung der diagnostischen Ergebnisse. Die Verabreichung von Sauerstoff erfolgt bei wachen Katzen mit Gesichtsmaske und Endotrachealtubus bei bewusstlosen Tieren. 

  • Platzierung eines intravenösen Katheters und Entnahme einer Blutprobe, um Glukose, Kalzium, Gesamtfeststoffe, usw. zu überprüfen. Bei Flüssigkeitstherapie werden Flüssigkeitszufuhr und Blutdruck nach Bedarf stabilisiert.

  • Temperatur überwachen und bei Überhitzung eingreifen. Nasse Handtücher und ein Ventilator helfen bei der Kühlung von Patienten. Die aktive Kühlung wird gestoppt, sobald die Körpertemperatur auf 40° fällt, um Unterkühlung zu vermeiden (Reboundhyperthermie). Kalte Wassereinläufe sind zwar effektiv, erschweren jedoch die Überwachung der Rektaltemperatur.

Verhinderung weiterer Anfälle (3)

  • Beginn mit Phenobarbital. Es dauert ungefähr 20 Minuten, bis Phenobarbital das Gehirn erreicht und einen antiepileptischen Effekt ausübt. Einige Status epilepticus/Clusterpatienten sind möglicherweise nicht wach genug, um oral verabreichte Arzneimittel zu schlucken. Wenn der Anfall beendet und das Tier wach genug zum Schlucken ist, erfolgt die orale Gabe von Phenobarbital alle 8–12 Stunden. Sofern die Katze nicht schlucken kann oder einen Würgreflex hat, bekommt sie das Mittel so lange im, bis es wach genug ist.

  • Andere Katzen haben möglicherweise zum Zeitpunkt der Status- / Clusterepisode bereits einen ausreichenden Phenobarbital-Spiegel und müssen mit einem anderen Arzneimittel behandelt werden.

  • Die Anfallsaktivität kann wieder aufflammen. Dies ist oft bei kurzwirksamen Medikamenten wie z. B. Diazepam der Fall.

  • Nach erneuter Unterbindung des Anfalls gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • Diazepaminfusion mit Dextrose oder Kochsalzlösung.

  • Propofolinfusion 

  • Infusionen werden so schrittweise in der Dosis angepasst, dass sie Anfälle kontrollieren. Der Blutdruck, die Körpertemperatur, die Sauerstoffversorgung des Gewebes und die Hydratation werden in normalen Grenzen gehalten. Der Patient wird mindestens alle 4 Stunden gewendet. Die Harnblase abgetastet und bei Bedarf min. dreimal täglich ausgedrückt. Der Patient wird warm, sauber und trocken gehalten. Einige Katzen benötigen eine starke Sedierung für 24 bis 72 Stunden.

Pharmakotherapie

Primäre Therapeutik

  • Ziele

    Den Anfall schnell eindämmen und die Ursache bestimmen, um den daraus folgenden Nerven- oder Gehirnschäden zuvorzukommen. Das Behandeln des Status Epilepticus muss schnell und energisch stattfinden.

  • Prioritäten

    Stoppen der Anfallaktivität und Kontrolle der Atemwege, der Atmung und der Zirkulation.

  • Diazepam

    Die erste Dosis erfolgt bestenfalls iv. Das kann zwei bis dreimal in 5 bis 10 Minuten Abständen wiederholt werden. Wenn der iv-Zugang nicht verfügbar ist, kann die Verabreichung auch intrarektal erfolgen. Alternativ kann Midazolam als Bolus iv verwendet werden, wenn Diazepam nicht verfügbar ist.

  • Barbiturat

    Wird als Bolus iv gegeben und wirkt länger als Diazepam. Es kann 15 bis 25 Minuten bis zum Wirkungseintritt dauern. Die Vermeidung einer Überdosierung ist deshalb zu beachten. Es kann alle 20 bis 30 Minuten wiederholt werden, bis der Anfall aufhört. Barbiturat kann auch als konstante Fusion verwendet werden.

Sekundäre Therapeutik

  • Propofol

    Wenn die Anfalltätigkeit weitergeht, kann Propofol verwendet werden. Es wird als Initialdosis mit einem Bolus verabreicht und kann gefolgt werden von einer konstanten Fusion. Wenn eine konstante Fusion von Propofol verwendet wird, sollte die Dosis um 25 % alle 6 Stunden gesenkt werden.

  • Medetomidine oder Dexmedetomidine

    Diese können iv oder im zum Stoppen der Anfälle gegeben werden. Bisher werden Mengenangaben nur empirisch genutzt und bis heute sind keine Forschungen darüber veröffentlicht worden.

  • Levetiracetam

    Kann iv als ein alternatives Medikament im Notfall gegeben werden. Es wird als Bolus verabreicht. Der krampflösende Effekt ist schnell und wird mehrere Stunden aufrechterhalten. Außerdem werden die Katzen nicht sediert und erholen sich schneller von dem Anfall als bei Diazepam. Der Patient kann mit Levetiracetam unterstützt oder zum Barbiturat umgestellt werden.

Benzodiazepine & Opioide (1)

Benzodiazepine

Umfassen Diazepam, Midazolam, Lorazepam und Clonazepam. Sie sind injizierbar, stark, wirken schnell und sind daher die bevorzugte Anfangstherapie. Da ihre Wirkungen nur vorübergehend sind, ist nach ihrer Anwendung ein länger wirkendes antiepileptisches Mittel erforderlich. Atemdepression, niedriger Blutdruck und Bewusstseinsstörungen sind mögliche Nebenwirkungen. Es wird angenommen, dass die antiepileptischen Wirkungen das Ergebnis einer durch Benzodiazepinrezeptoren vermittelte Verstärkung sowohl der prä- als auch der postsynaptischen GABAergen Übertragung sind. Diese verbesserte GABAerge Übertragung führt zu einer erhöhten Bewegung von Chloridionen (organisch/anorganische Verbindungen von Chlor) in den Nervenzellen und somit zu einer Hyperpolarisierung der Nervenzelle mit der verringerten Fähigkeit, ein Aktionspotenzial zu bilden. Sie beschränken in höheren Konzentrationen auch das anhaltende wiederholte Feuern der Nervenzellen, indem sie die Ausbreitung der Nervenimpulse auf andere Nervenzellen verringern. Es wird angenommen, dass Benzodiazepine die Ausbreitung der Anfallsaktivität eher verhindern als den epileptischen Fokus unterdrücken.

Opioide

Opioide wie Fentanyl, Alfentanil, Sufentanil und Morphin werden beim Menschen in einer niedrigen bis mäßigen Dosis mit ganzkörperumfassenden Anfällen und / oder kurzen unwillkürlichen Zuckungen von Muskeln, insbesondere bei intrathekaler Verabreichung in Verbindung gebracht. Für die Behandlung des Status epilepticus wurde deshalb eine Anästhesie mit Midazolam, Propofol oder Thiopental empfohlen, während Opioide normalerweise vermieden werden.

Diazepam

Diazepam wird in der Leber durch die von Mikrosomen stammenden Systeme der Leber verstoffwechselt. Die hauptsächlichen Zwischenprodukte, Nordazepam & Oxazepam, haben 33 % der Aktivität des Ausgangsarzneimittels. Aufgrund seiner kurzen Eliminationshalbwertszeit ist es nicht für die chronische Behandlung geeignet. Die durchschnittliche max. Plasmakonzentration wird bei intravenöser Verabreichung in weniger als 2 Minuten erreicht. Die intravenöse Verabreichung von Diazepam wird zwar bevorzugt, ist aber auch rektal oder intranasal verabreichbar. Die intramuskuläre Resorption von Diazepam ist unterschiedlich, daher wird dieser Verabreichungsweg nicht empfohlen. Die rektale Verabreichung führt zu einer ausreichenden Absorption, wobei die max. Plasmakonzentrationen innerhalb von 15 Minuten erreicht werden. Bei Patienten, die sich einer Langzeit-Phenobarbital-Therapie unterziehen, kommt es durch vermehrte Bildung des hepatischen Cytochrom P-450-Enzymsystems in der Leber (baut Arzneimittel ab) zu einem erhöhten Stoffwechsel von Diazepam und seiner Zwischenprodukte. Das wiederum macht evtl. höhere Dosen erforderlich. Die Zielplasmakonzentrationen werden bei Katzen ohne Phenobarbital Therapie in etwa 10 Minuten und bei chronischer Phenobarbital-Therapie nach 20 Minuten erreicht. Wenn 1–2 Diazepamdosen die Anzeichen nicht reduzieren, sollte sofort die Zugabe eines anderen, länger wirksamen antiepileptischen Mittels in Betracht gezogen werden. Dabei ist wieder zu beachten, dass diese eine gewisse Zeit benötigen, um zu wirken. Die fortgesetzte Verabreichung von Diazepam kann angesichts des Verlustes eines exakten Überblicks, zu weiteren neurologischen Beeinträchtigungen des Patienten sowie zur Diazepamvergiftung führen. Bei Katzen wurde die orale Verabreichung sowohl mit einer langen Eliminationshalbwertzeit von 15 bis 20 Stunden als auch mit dem akuten Untergang des Lebergewebes in Verbindung gebracht. Katzen entwickeln offensichtlich keine Toleranz. Daher sollte diese Art der Anwendung nur mit Einschränkungen und engmaschiger Überwachung der Leberwerte verwendet werden. Von den Fachbuchautoren wird diese Anwendungsform nicht empfohlen.

Wenn ein Bolus mit Diazepam anschlägt, sollte ein konstante Infusionsrate davon so lange in Betracht gezogen werden, bis das länger wirkende antiepileptische Mittel wirksam wird. Dafür kann eine Injektionspumpe verwendet werden oder das Diazepam wird in Dextrose in Wasser verdünnt, sodass das verabreichte Gesamtvolumen dem Erhaltungsflüssigkeitsbedarf der Katze entspricht. Diazepam sollte nicht mit Ringer-Laktat verdünnt oder appliziert werden, da das Kalzium im Ringer-Laktat das Diazepam ausfällt. Bedenken bestehen hinsichtlich der Wasserlöslichkeit, der Bildung von Ablagerungen und der Adsorption an Polyvinylchlorid-Schläuchen. Die Verträglichkeit sollte geprüft werden, bevor Diazepam mit anderen Medikamenten oder intravenösen Flüssigkeiten kombiniert wird, da sich häufig Niederschläge bilden. Arzneimittel sollten niemals verabreicht werden, wenn sich ein Niederschlag bildet. Die Verwendung von Midazolam anstelle von Diazepam umgeht viele dieser Bedenken, allerdings kann dieses Medikament teurer sein. Wenn Diazepam verwendet wird, sollte das zu verabreichende Medikament vor Licht geschützt und alle 2 Stunden gewechselt werden. Vorsicht ist auch bei der Verabreichung anderer Medikamente geboten, da bei vielen Medikamenten in Kombination mit Diazepam Niederschläge entstehen. Nach einem Bolus wird eine hohe Anfangsrate verwendet, die für bis zu 6 Stunden fortgesetzt wird, bevor eine allmähliche Reduktion beginnt (50 % alle 6 Stunden). Dieser Ansatz ist besonders sinnvoll, wenn der SE auf Vergiftung zurückzuführen ist, denn dann werden die Anfälle wahrscheinlich länger anhalten und es dauern bis gegebenes Phenobarbital wirkt. In diesem Zusammenhang kann auch Methocarbamol iv gegen Muskelzittern gegeben werden, das mit Vergiftungen von Strychnin, Metaldehyd, Tetanus, Permethrin und Mykotoxin einhergeht. 

Midazolam

Midazolam (im oder iv)
Die überlegene Resorption und Bioverfügbarkeit von Midazolam bei intramuskulärer Injektion im Vergleich zu Diazepam macht es zu einer praktikablen Alternative sofern bei der ersten Präsentation kein intravenöser Zugang besteht.

Barbiturate (2)

Nach der erfolgreichen Anwendung von Benzodiazepinen sollten sich lang wirkende Antiepileptika wie Barbiturate anschließen. Sie können für das Erlangen einer schnellen Serumkonzentration und des Steady State unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes verabreicht werden. Beim Steady State handelt es sich um den Zustand, bei dem kontinuierlich Substanzen in das System einströmen und im gleichen Umfang Reaktionsprodukte rausgehen. Wenn Bolusdosen von Benzodiazepinen den Anfall nicht stoppen oder nur vorübergehend erfolgreich sind, folgen Barbiturate als nächste Option. Barbiturate werden in der Leber überwiegend durch Hydroxylierung (chemische Reaktion die ein/mehrere Hydroxylgruppen in ein Molekül einführen) verstoffwechselt. Die postsynaptische Verstärkung der Hemmwirkungen von GABA ist der Hauptwirkungsmechanismus. Dieser Effekt führt zu einer erhöhten Anfallsschwelle sowie zu einer Verringerung der Ausbreitung des Anfalls.

Phenobarbital

Das sog. Laden von Phenobarbital wird gewöhnlich nur bei Patienten durchgeführt, die dieses Medikament zuvor nicht erhalten haben oder bei denen der Verdacht besteht, dass der Serumspiegel zu niedrig. Phenobarbital ist das am Häufigsten verwendete Barbiturat zur akuten Anfallskontrolle. Die Ladedosis ist eine relativ hohe Dosis zu Beginn einer Behandlung, um rasch eine Wirkung zu erhalten (iv). Es wird jedoch empfohlen, kleinere Boli alle 20-30 Minuten zu verabreichen - dabei wie bei allen Medikamenten die Maximaldosis beachten. Phenobarbital kann auch intramuskulär verwendet werden, was bei der anfänglichen Behandlung ohne intravenösen Zugriff effektiv ist. Die Verteilung & Wirkung von Phenobarbital im ZNS kann jedoch aufgrund seiner verringerten Eigenschaft sich in unpolaren Lösungsmitteln zu lösen, bis zu 30 Minuten dauern. Ein weiterer Pluspunkt der intramuskulären Applikation ist, dass Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Depressionen vermieden werden, die auftreten, wenn Phenobarbital nach Benzodiazepinen verabreicht wird. Nebenwirkungen von Phenobarbital können je nach Verabreichungsart und Dosierung Atemdepression, niedriger Blutdruck und Sedierung sein. Bei einem SE-Patienten, dessen Atmungs- und Herz-Kreislauf-Funktion möglicherweise bereits beeinträchtigt ist, können diese Nebenwirkungen lebensbedrohlich werden. Daher muss die Überwachung der Atmungs- und Herz-Kreislauf-Parameter dauerhaft stattfinden. Die Anwendung dieses Arzneimittels unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes sollte so bald wie möglich auf eine mehrmalige tägliche orale Verabreichung umgestellt werden, um sicherzustellen, dass eine langfristige Kontrolle der Anfallsaktivität erfolgt.

Levetiracetam (3)

Wenn die Verwendung von Phenobarbital nicht erfolgreich ist oder wegen Vorliegen einer Lebererkrankung nicht verwendet werden darf, ist die nächste Option Levetiracetam. Levetiracetam (iv) ist ein neueres Antikrampfmittel. Seine intravenöse Anwendung kann bis zu 8 Stunden wirken und dann wiederholt werden. Als Bindungsstelle des Arzneimittels, gelten die synaptischen Vesikelproteine (Proteine die sich auf Membranen von Transportvesikeln befinden) in Nervenzellen, der genaue Wirkungsmechanismus ist jedoch unbekannt. Es wird angenommen, dass es seine Wirkung durch die Modifizierung der kalziumabhängigen Exozytose (Ausschleusen von Stoffen z. B. Neurotransmitter aus einer Zelle) von Neurotransmittern erreicht. Es kann mit Phenobarbital zusammenwirken oder wirksam sein, wenn Phenobarbital es nicht gewesen ist. Bei gleichzeitiger Verwendung mit Phenobarbital kann eine Dosis Levetiracetam am oberen Ende des Bereichs erforderlich sein. Levetiracetam verursacht nur eine geringe Sedierung und ist daher bei der Behandlung von unbeeinflussbaren SE-Patienten, die bereits eine Bewusstseinstrübung haben, angeraten. Es wird in der Leber nicht verstoffwechselt und ist daher für Katzen mit portosystemischen Shunts oder Lebererkrankungen besser geeignet als Phenobarbital - ein portosystemischer Shunt ist eine Verbindung zwischen bestimmten Venen - die Ausscheidung erfolgt über die Nieren und Levetiracetam hat daher nur eine minimale Wechselwirkung mit anderen antiepileptischen Medikamenten. Vorsicht ist jedoch bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion geboten. Es kann neuroprotektive Wirkungen haben und so die durch Anfälle bedingten Hirnschäden reduzieren. Wie bei Phenobarbital sollte die orale Anwendung von Levetiracetam nach der parenteralen Anwendung erfolgen. Levetriacetam ist 3 × täglich bei Status epilepticus einsetzbar.

In ähnlicher Weise haben sich die Barbiturate (Thiopental, Methohexital, Pentobarbital) und Propofol als Mittel zur Behandlung des unbeeinflussbaren Status epilepticus (Refraktärstatus) etabliert. Obwohl alle diese Mittel kurze unwillige Zuckungen von Muskeln und schwere Krämpfe der Streckmuskulatur verursachen können; stellen diese normalerweise kein Risiko bzgl. Anfallsentstehung oder anschließender Einleitung einer Anästhesie dar. In höheren Dosen wirken diese als Antikrampfmittel.

 

Narkosemittel mit kurzer Wirkung bei refraktärem SE (4)

Ein Status epilepticus, der weder auf Benzodiazepin, Phenobarbital oder Levetiracetam anspricht, gilt als unbeeinflussbar (refraktär) und erfordert eine aggressivere Behandlung. Mögliche Gründe für eine resistente Anfallsaktivität sind unzureichende Arzneimitteldosen, eine unkorrigierte Stoffwechselstörung oder das Vorliegen einer Erkrankung innerhalb der Schädelhöhle wie z. B. ein Tumor. Diese Patienten stellen oft ein schwieriges therapeutisches Problem dar. Anästhetika mit kurzer Wirkung sind die am häufigsten verwendeten Mittel zur Behandlung resistenter SE, da sie einen schnellen Wirkungseintritt und kurze Halbwertszeiten haben und zu einer Verringerung der zerebralen Stoffwechselraten führen. Diese Medikamente sollten nur auf der Intensivstation eingesetzt werden, da ein kontinuierliches Blutdruckmonitoring und idealerweise ein zentrales Venendruckmonitoring erforderlich ist.

Propofol

Propofol kann sowohl bei Clusteranfällen als auch bei SE als langsamer iv-Bolus oder als konstante Infusion zum Einsatz kommen. Propofol wirkt auf die GABA-Rezeptoren ähnlich wie Barbiturate & Benzodiazepine, hat daher eine krampflösende Wirkung, ist ein schnell wirkendes injizierbares Anästhetikum und reduziert den Stoffwechselbedarf des ZNS. Sein Verstoffwechselung erfolgt überwiegend durch Lebermechanismen und ist viel schneller als die von Barbituraten. Dieses Medikament wird bei SE-Status durch Vergiftungen erfolgreich eingesetzt und wartet mit einer effektiveren Steady-State-Konzentration als Phenobarbital auf. Die hauptsächliche Nebenwirkung von Propofol ist Atemstillstand, der zu einem Sauerstoffmangel im Gewebe führt, wenn er nicht umgehend behandelt wird; möglich sind auch Herz-Kreislauf-Depressionen. Wenn also eine Dauerinfusion von Propofol verwendet wird, sollte eine Kontrolle der Atemwege, eine hämodynamische (Strömungsmechanik des Blutes) Unterstützung und eine zusätzliche Beatmung verfügbar sein. Dabei ist die Beatmung streng zu überwachen, um die Folgen einer krankhaft verminderten Lungenbelüftung zu vermeiden. Nach Meinung des Autors sollte jedes Tier, das eine Propofolinfusion erhält, zum Schutz der Atemwege intubiert werden.

In der Humanmedizin wurde über ein Propofolinfusionssyndrom berichtet, wenn Propofol in hohen Dosen oder für längere Zeit (mehr als 48 Stunden) verwendet wurde. Anzeichen für dieses Syndrom sind stoffwechselbedingte Übersäuerung, Gewebezerfall der quer gestreiften Muskulatur, Elektrolytstörung mit erhöhter Kaliumkonzentration im Serum, weißliche Trübung des Blutplasmas durch Fette, Nierenversagen, Lebervergrößerung und Kollaps des Herz- & Gefäßsystems. Während über dieses Syndrom bei Veterinärpatienten nicht berichtet wurde, besteht bei Katzen, die langfristig eine Dauerinfusion erhalten, ein gewisses Risiko. Propofol ist ein Phenol und daher in der Lage, die roten Blutkörperchen der Katze oxidativ zu schädigen, was zu Einschlüssen in diesen (Heinz-Körperbildung) führt und Blutarmut durch einen erhöhten Zerfall von roten Blutkörperchen (hämolytischer Anämie) verursachen kann. Studien weisen jedoch darauf hin, dass diese klinisch nicht relevant sind.

Ketamin

Ketamin als iv Bolus, gefolgt von einer konstanten Infusionsrate. Ketamin ist ein NMDA-Rezeptorantagonist. NMDA-Rezeptorantagonisten können die Phase chronischer SE beenden, die manchmal auch als autarke SE bezeichnet wird. Die Aktivierung des NMDA-Rezeptors tritt nur in den späteren Phasen der SE auf, wodurch die Anfallsaktivität aufrechterhalten wird, sodass vermutet wird, dass NMDA-Antagonisten während längerer oder unbeeinflussbarer SE von Nutzen sind. Ketamin kann auch neuroprotektive Wirkungen haben, indem sie NMDA-Rezeptor vermittelte Exzytotoxizität in Verbindung mit lang anhaltender Anfallsaktivität hemmen. Es gibt jedoch auch Hinweise darauf, dass ein übermäßiger Antagonismus - Verhältnis zweier gegenseitig wirkender Objekte - der NMDA-Rezeptoren schädlich sein kann. Obwohl die Anwendung von Ketamin bei einem Hund mit SE dokumentiert ist, gibt es derzeit keine klinischen Studien, die die Wirksamkeit oder Sicherheit von Ketamin als konstante Infusion bei der Behandlung von Katzen belegen. Wie bei anderen intravenösen Anästhetika können niedrige Ketamindosen Anfälle erleichtern, jedoch bei ausreichenden Dosen anästhesierend wirken und verfügt zudem über krampflösende Eigenschaften.

Inhalationsnarkose (5)

Die Inhalationsanästhesie gilt als letzter Weg aus der unbeeinflussbaren SE. Nicht alle flüchtigen Anästhetika sind für die Behandlung des SE-Patienten geeignet. Beispielsweise kann Enfluran die Anfallsaktivität erhöhen. Isofluran und Sevofluran können die Anfallsaktivität abschwächen, wie dies bei Katzen mit experimentell eingeleiteten Anfällen bewiesen wurde. Der Nutzen dieser Maßnahme liegt in der Einstellung der physischen Manifestationen, während gleichzeitig ein antiepileptisches Medikament zur Anwendung kommt. Die Aufrechterhaltung der lebensnotwendigen Funktionen erfordert grundsätzlich eine intensivmedizinische Überwachung und mechanische Beatmung. Während dieser Zeit sollte Phenobarbital oder Levetiracetam in einer Ladedosis verabreicht werden, um einen stabilen Zustand zu erreichen. Zu diesem Zeitpunkt kann das Anästhetikum zur Beurteilung der Anfallskontrolle reduziert werden. Obwohl bei einem Patienten während einer Isoflurananästhesie über Anfallsaktivität berichtet wurde, wurden sowohl Isofluran & Desfluran für die Anästhesie von SE mit unbeeinflussbaren Status empfohlen.

Wiederherstellung & Stabilisierung (6)

Dexmedetomidin

Einige Patienten wiesen einen erhöhten Erregungszustand während der Genesung auf. Die Verwendung von Dexmedetomidin als konstante Rate kann dieses Problem lösen. Es ist jedoch Vorsicht geboten, da Dexmedetomidin eine Unterschreitung der üblichen Herzfrequenz, Herzrhythmusstörung (AV-Blockierung), verminderte Atmung und Unterkühlung verursachen und beim SE-Patienten problematisch werden könnte. Aus diesem Grund sollte die Dosis genau angepasst werden. Wichtig sind die sorgfältige Überwachung der Vitalparameter wie Herzfrequenz, Blutdruck, Beatmung und Körpertemperatur und die Durchführung neurologischer Untersuchungen, und zwar solange bis die Katze wach und mobil ist. Sobald die Anfallsaktivität unter Kontrolle und die ganzkörperumfassende Stabilisierung sichergestellt ist, sollte ein Erhaltungsantiepileptika in Betracht gezogen werden. Bei einem bisher unbehandelten Patienten kann Phenobarbital als alleiniges Medikament eingesetzt werden. Es wird empfohlen, Katzen mit einer SE-Vorgeschichte schnellst möglich eine Startdosis zu geben, damit der Serumspiegel im stationären Zustand schnell erreicht wird. Wenn die Katze bereits vorher mit Phenobarbital behandelt wurde, gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Wenn der Phenobarbital-Serumspiegel des Tieres niedrig ist, kann eine Dosissteigerung notwendig sein.

  • Wenn sich der Serumspiegel innerhalb des therapeutischen Bereichs befindet, sich giftigen Werten nähert oder beim Patienten mit negativen Auswirkungen verbunden ist, kann ein Zusätzliches AED zum Einsatz kommen. Add-on Medikamente umfassen Zonisamid (oral alle 8h), Levetiracetam (alle 8h), Gabapentin (alle 8h) und Pregabalin (alle 8–12h).

Kaliumbromid

Kaliumbromid ist ein empfohlenes Erhaltungsantiepileptika beim Hund. Bei Katzen wird es wegen des Risikos einer allergischen Lungenentzündung (Pneumonitis) - deren Ursache physikalischer oder chemischer Art ist - nicht angewendet. Das Risiko dafür liegt bei 35-43 % und führt neben der Lungenentzündung zu einem schweren Bronchialasthma; zudem ist die Effektivität zur Anfallsunterdrückung bei Katzen eher gering.

Zonisamid

Der genaue Wirkmechanismus von Zonisamid ist unbekannt. Es wird angenommen, dass es seine antiepileptische Wirkung ausübt, indem es Natriumkanäle blockiert und vorübergehende Ionenströme reduziert, wodurch die Membranen stabilisiert werden und eine potenzielle Hypersynchronisation unterdrückt wird. Die Halbwertszeit beträgt 15 Stunden. Es kann daher zweimal täglich angewendet werden und erreicht einen stabilen stationären Zustand innerhalb von 3 bis 5 Tagen. Es ist auch ein bekanntes Teratogen, das sind Faktoren, die im Organismus zu Fehlbildungen führen, und sollte daher bei der Zucht von Tieren vermieden werden. Der größte Teil des Arzneimittels wird über die Nieren ausgeschieden, wobei ein gewisser Leberstoffwechsel stattfindet. Von einer geringen Sedierung wurde berichtet. Die Dosierungen werden PO alle 12h gegeben. Den Katzenbesitzern sollte deutlich gemacht werden, dass die Verwendung dieses Medikaments in der Tiermedizin nur begrenzt angewendet wird und daher Wirksamkeit und denkbare Nebenwirkungen nicht vollständig erfasst sind. Bekannte Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit, Durchfall, Erbrechen, Bewusstseinsstörung mit eingeschränkter Wachheit und Bewegungsstörungen sind bei höheren Dosierungen sehr häufig. Zonisamid kann in einer Dosis einmal täglich oral auch bei Katzen eingesetzt werden. 

Levetiracetam

 

Der vermutete Wirkmechanismus von Levetiracetam wurde bereits angesprochen. Als Erhaltungsantiepileptika ist die Verabreichung dreimal täglich erforderlich, wodurch dieses Medikament möglicherweise für Besitzer weniger praktikabel ist. Es wurde von einer Dosierung oral alle 8 Stunden berichtet. Wie bei Zonisamid gibt es nur begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung dieses Medikaments in der Tiermedizin; die Sedierung ist gering.

Gabapentin

Der hier wirkende Mechanismus, der zur antiepileptischen Wirkung führt, ist noch nicht vollständig geklärt. Während Gabapentin strukturell mit dem Neurotransmitter GABA verwandt ist, scheint es seine Wirkung nicht durch denselben Mechanismus auszuüben. Es verändert weder die Bindung, die Wiederverwendung oder den Abbau von GABA, noch dient es als GABA-Agonist im Körper. Gabapentin wird von den Nieren unverändert ausgeschieden. Die Verabreichung alle 8 Stunden für Katzen wurde empfohlen. Nebenwirkungen sind selten; allerdings weisen Gabapentin & Pregabalin eine relativ starke sedative Wirkung auf. Gabapentin (2 Mal täglich oral) und Pregabalin (2 Mal täglich oral) sind Präparate, die nur anekdotisch bei Katzen eingesetzt wurden. 

Pregabalin

Der Wirkungsmechanismus von Pregabalin ist unbekannt, seine chemische Struktur hängt jedoch mit der von Gabapentin zusammen. Es kann den Kalziumzufluss in Nervenzellen modulieren (reversible Veränderung des Charakters von differenzierten Zellen) und die übermäßige Freisetzung von Neurotransmittern reduzieren. Sedierung ist die am häufigsten berichtete Nebenwirkung. Wie Zonisamid, Levetiracetam und Gabapentin wurde Pregabalin in der Veterinärmedizin nur begrenzt eingesetzt.

Rektale & intrasanale Verabreichung

Die rektale Verabreichung eines Antiepileptika ist in Notfallsituationen sehr hilfreich und in der häuslichen Umgebung relativ einfach durchzuführen. Die Absorption von lipidlöslichen Wirkstoffen durch die Membranen des Kolons und des Rektums erfolgt schnell und vollständig. Diazepam ist das erste Mittel der Wahl und kann verabreicht werden, indem Tom-Cat-Katheter (Blasenkatheter für Katzen), Klistier oder Diastat mit einem wasserlöslichen Gleitmittel genutzt werden. Die Wirksamkeit von rektal verabreichtem Diazepam während des SE hängt sowohl von der Zeit, die das Medikament benötigt, um die benötigte Konzentration zu erreichen, als auch von der individuellen Verfassung der Katze ab.

In den letzten Jahren hat die intranasale Medikamentenverabreichung wegen ihrer umfassenden Wirkung, aufgrund ihrer Bequemlichkeit und Zuverlässigkeit erhöhte Aufmerksamkeit erhalten. Intranasale Antiepileptika wurden bereits erfolgreich in Fällen menschlicher SE eingesetzt. Es hat sich gezeigt, dass Midazolam schnell von der Nasenschleimhaut absorbiert wird und Werte erreicht, die den Schwellenwert für die Sedierung beim Menschen erreicht oder sogar übersteigt. Die Wirkdauer nach intranasaler Verabreichung ist ähnlich der nach oraler Gabe, obwohl die Wirkung früher einsetzt. Plasmakonzentrationen von Midazolam, die die therapeutischen Werte überschreiten, wurden innerhalb von 3 Minuten nach intranasaler Verabreichung an Kinder beobachtet. Es wurde auch erwähnt, dass Arzneimittel die in die Nasenhöhle injiziert werden, das Gehirn direkt über die Lamina cribrosa erreichen können, und dass die Konzentration im ZNS höher sein kann. Weitere Untersuchungen zum besseren Verständnis der Aufnahme und Absorption aus der Nasenhöhle sind dazu erforderlich.

Ergänzende Arzneimittelbehandlung

Dexamethason iv alle 24 Stunden für 1–3 Tage angewendet, dient zur Reduzierung der SE-bedingten Flüssigkeitsansammlungen und zur Behandlung der Hauptursache, sofern kein Verdacht auf eine ganzkörperumfassende Infektionskrankheit besteht; Dexamethason verändert die Ergebnisse von Liquoranalysen.

Therapeutische Anmerkungen: Pharmakotherapie

  • Sobald wie möglich einen intravenösen Katheter legen und Entnahme einer Blutprobe für ein komplettes Blutbild, sowie Kontrolle der Elektrolyte, Glukose, Leber- und Nierenwerte.

     

  • Intravenöse Gabe von Flüssigkeiten um die körpereigene Homöostase aufrechtzuerhalten.

  • Beginn der Pharmakotherapie zur Verhinderung von Folgeanfällen.

  • Der Patient muss sorgfältig bis zum Erreichen des normalen Status kontrolliert werden. Dazu gehören Parameter wie Blutdruck, Atmungs- und Herzrate, Sauerstoffpartialdruck (pO2), peripher Puls, Körpertemperatur und neurologische Untersuchungen.

mögliche Komplikationen

  • Anfallskontrolle stellt sich trotz mehrerer Medikamente nicht ein.

  • Zusammenbruch des Herz- & Gefäßsystems infolge einer Überdosierung.

Management 

  • Dauerhafte Überwachung der Vitalparameter inkl. Thermoregulierung. Je nach Körpertemperatur sollte eine zusätzliche Wärmeabgabe oder Kühlung vorgesehen werden.

  • Der Ruhebereich & Käfig sollte stets gut gepolstert sein und sämtliche Unterlagen & Wäsche sauber und trocken gehalten werden. Für einen besseren Halt der Katze bieten sich Kissen mit einer Mulde in der Mitte, sichernde/umfassende Taschen, Hängematten und Matratzen an. 

  • Vorbeugung von Druckgeschwüren. Regelmäßiges wenden alle 4 Stunden verhindert Druckstellen und kann genutzt werden um Belüftungsdefizite der Lunge und den korrekten Sitz aller Maßnahmen zu überprüfen. Dabei niemals an den Extremitäten der Katze ziehen, sondern Brustkorb und Hüfte langsam bewegen. Kontrolle der Haut 2–3 Mal täglich. Druckgeschwüre treten meistens an höckerartigen Knochenvorsprüngen auf. Hitze, Schmerzen, erkennbare Rötung, Haarausfall oder Erweichung der Haut sind verdächtig und sollten entfernt, gereinigt und überwacht werden. Druckstellen sind sauber und trocken zu halten. Die Stelle sollte gepolstert sein (sog. Donut-Bandagen sind ideal, wenn auch in einigen anatomischen Bereichen schwierig anzulegen).

  • Feuchthalten der Augen. Verwendung findet hier idealerweise alle 2–4 Stunden künstliche Tränenflüssigkeit. Erdölhaltige Augensalbe ist weniger gut, aber bei eingeschränkter Verfügbarkeit künstlicher Tränen möglich. Diese Maßnahme verhindert Schäden an der Hornhaut wie z. B. Geschwürbildung.

  • Urinabgabe. Ein dauerhaftes steriles Harnsammelsystem einrichten. Der Sammelbeutel sollte nach Bedarf alle 4–6 Stunden keimfrei entleert werden. Die Ermittlung des Harns ermöglicht die Berechnung von Ein- und Ausgang und dient somit der Überwachung der Nierenfunktion und des Hydratationsstatus.

  • Fütterung / Bewässerung. Wenn die Katze in der Lage ist, selbstständig zu essen & trinken, sollten sie dabei entspannt sein und sich bis zu 5 Minuten nach dem Essen / Trinken in einer aufrechten Position befinden. Dies dient dazu, das Ansaugen von Fremdkörpern zu verhindern und die Atemwege frei zu halten. Solange sie dazu nicht in der Lage ist, sollte über eine entsprechende Behandlung oder Ernährungsunterstützung beraten werden.

Die Dauer der Intensivtherapie richtet sich nachdem Anfallgeschehen. Am besten wird eine zurückbleibende (subtile) epileptische Aktivität mittels EEG erkannt. Im Allgemeinen kann 24 Stunden nach Beginn der Behandlung ein Aufwachversuch unternommen werden. In der Aufwachphase können Erregungszustände aufgrund der Neben- und Nachwirkung von Anästhetika auftreten, die nicht immer von epileptischen Anfällen zu unterscheiden sind. Außerdem kann es zu Schwierigkeiten bei der Interpretation nach der Gabe von Pentobarbital oder Propofol kommen; diese können sich in der Aufwachphase mit Ruderbewegungen und Erregung zeigen und sind hierdurch nur schwer von einem anhaltenden Anfallsgeschehen zu unterscheiden. Wenn in der Tierarztpraxis bzw. Tierklinik keine 24-Stunden-Betreuung inkl. Überwachung verfügbar ist, sollte der Katzenbesitzer dringend angewiesen werden, seine Katze in eine 24-Stunden-Pflegeeinrichtung zu verlegen. Wenn der Katzenbesitzer diese Behandlung ablehnt, wird der Arzt sich das vermutlich mit einer Bestätigung notieren und dies in der Krankenakte hinterlegen. SE-Anfallspatienten sollten niemals unbeaufsichtigt bleiben!

Nachbehandlung, Pflege & allgemeiner Umgang

Ein Großteil der SE-Anfälle findet außerhalb einer Tierklinik statt, sodass nur wenige benötigte Mittel & Maßnahmen, wie z. B. ein intravenöser Katheter zur Verfügung stehen. Dadurch kann es zu schweren ganzkörperumfassenden und/oder Hirnschäden kommen, die zum Tod führen. Wenn jedoch eine sofortige Anfallsbehandlung z. B. mit einem Diazepamklistier durchgeführt wird, sind weniger weitere Medikamente erforderlich, die Anfälle sind oft kürzer und Folgeschäden bleiben aus oder sind nur gering bemerkbar. Rektale, intranasale und orale Applikationen können effektiv dafür sorgen, dass die Katze bis zum Erreichen der Klinik stabil bleibt. Da sowohl intravenöse als auch intramuskuläre Injektionen während der SE ein Risiko für die Katze und das medizinische Team darstellen können, werden auch von diesem zunächst die rektalen und intranasalen Verabreichungswege bevorzugt.

  • Vereinzelt neigen Katzen trotz angemessener Erhaltungstherapie zu Clusteranfällen, die eine Notfallbehandlung erfordern. Die sich daraus vermutlich ergebenden Belastungen, sowohl finanzieller als auch emotionaler Art, veranlassen die Besitzer oft zu einer Euthanasie ihrer Katze. Fast alle Katzen, die "nur" an Epilepsie erkrankt sind, können nach der Einstellung beim Tierarzt in Kombination mit einem Notfallmedikament, ein normales und langes Leben ohne Status epilepticus führen!

  • Die rektale Verabreichung von Diazepam führt zu höheren und früheren Spitzenkonzentrationen im Vergleich zu oral oder intramuskulär verabreichten Medikamenten. Deshalb ist diese Verabreichungsform im Notfall zu Hause die erste Wahl - Leben retten & Kosten sparen. Die Behandlung erfolgt beim ersten Anzeichen eines Anfalls und kann innerhalb von 24 Stunden insgesamt dreimal wiederholt werden.

  • Bei anhaltenden Anfällen oder wenn die Anzeichen übermäßig stark ausfallen, ist immer eine tierärztliche Behandlung in Anspruch zu nehmen.

  • In Zusammenarbeit mit dem Tierarzt und einem Apotheker lassen sich die besten individuellen Verabreichungsformen und Mittel finden (z. B. Diazepam-Diastat für den Notfall plus Luminaletten für den Alltag). Vielleicht kann der Apotheker sogar selbst ein passendes Medikament herstellen.

Eine regelmäßige Kontrolle der Katze ist wichtig. Mindestens alle 6 Monate sollten Laboruntersuchungen vorgenommen werden. Bei Fällen mit einer Minderung von weniger als 50 % bedarf es zudem einer Überprüfung des Serumspiegels und Ausschlusses einer idiopathischen (genetischen) Epilepsie.

Langzeittherapie

Katzen mit sekundärer oder symptomatischer Epilepsie (strukturell, metabolisch, infektiös, immunologisch) benötigen in erster Linie die Beseitigung der Ursachen. Bei Verdacht auf eine idiopathische (genetische) Epilepsie sollte eine antiepileptische Langzeittherapie in Betracht gezogen werden. Eine komplette & sichere Anfallsunterdrückung wird man jedoch mit keinem Antiepileptikum erreichen. Ziel der Behandlung ist eine Anfallskontrolle und die Reduzierung der Ausprägung. Die Entscheidung, ob eine Mono- oder eine Kombitherapie eingesetzt wird, hängt von der Wirkung, der Verträglichkeit und den Nebenwirkungen der Medikamente und vom Erfolg der Behandlung ab. Wie viele Katzenbesitzer wissen, kann die Verabreichung von Tabletten zumindest anfangs schwierig sein. Bei frei laufenden Katzen ist die Einhaltung der Zeitintervalle nicht ganz einfach, aber sehr wichtig. Ausgelassene Dosen führen nicht nur zu Anfällen, oftmals sind diese deutlich stärker ausgeprägt und fordern nicht selten eine Status epilepticus heraus. Meistens ist eine lebenslange medikamentöse Behandlung erforderlich. Eine angepasste Reduktion um ca. 20 % der bisherigen Dosis sollte in Absprache mit dem Tierarzt erst erst versucht werden, wenn die Katze seit 12 Monaten anfallsfrei ist. Etwa 25 % der Katzen mit Status epilepticus müssen euthanasiert werden oder versterben, weil zu spät/falsch gehandelt wird.