Katzenverhalten: Grundlagen von Therapie & Prognose

Grundbegriffe der Lernpsychologie & Verhaltenstherapie

  • instrumentelles Lernen (operante Konditionierung)

    Die Katze lernt eine spezifische freiwillige Handlung in einer bestimmten Situation – Handlung wird verstärkt oder belohnt.

  • Verstärkung

    Ein Vorgang der als Belohnung empfunden wird. Sofern die Verstärkung direkt auf die Handlung erfolgt, ist die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung erhöht.

  • Extinktion (Löschung)

    In dessen Verlauf hört eine Katze auf eine erlernte Reaktion zu erbringen, da der Zusammenhang zwischen Handlung und Verstärkung nicht mehr gegeben ist.

  • klassische Konditionierung

    Hierbei wird gelehrt, eine unfreiwillige oder reflexhafte Handlung in einer Situation auszuführen, die diese unter normalen Umständen nicht bewirken würde. Das geschieht, wenn ein natürlicher Reiz, auf den eine reflexhafte Handlung erfolgt, wiederholt mit einem neutralen Reiz, verbunden wird. Nach einiger Zeit löst der neutrale Reiz bereits die reflexhafte Handlung aus.

  • systematische Desensibilisierung

    Hauptsächlich zur Behandlung von Ängsten & Phobien – ein Verfahren aus der Verhaltenstherapie. Dabei wird die Katze in Gegenwart des gefürchteten Reizes ermutigt, eine spezifische Angst ausschließende Reaktion auszuführen. Die Reizstärke wird langsam über mehrere Behandlungen gesteigert.

Auflösung unerwünschter Verhaltensweisen

Die meisten »echten« Verhaltensprobleme, also psychologische Probleme der Katze, sind nicht dringend. Sie haben sich über einen Zeitraum von Wochen bis Monaten entwickelt und sind unterschiedlich in der Stärke ihrer Ausprägung. Es sollte dem Tierarztpersonal im Voraus die Art des Problems geschildert und ein Sondertermin vereinbart werden, da die Verhaltensberatungen häufig so konzipiert sind, dass sie länger als die Standarduntersuchungszeit dauern. Dieser sollte eine vollständige Anamnese, Klärung der Symptome und die Erstellung eines vorläufigen Behandlungsplans beinhalten.

Sie können Ihre Katze dazu bringen, unerwünschte Verhaltensweisen zu unterbinden, indem Sie das Verhalten oder die Orte, an denen es ausgeführt wird, weniger attraktiv machen. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, dies zu tun. Um einen Kreislauf von unerwünschtem Verhalten zu durchbrechen, können Sie eine Kombination aus Ablenkung und einer negativen oder widersprüchlichen Assoziation mit dem Ort des unerwünschten Verhaltens vornehmen – manchmal sind mehrere Techniken gleichzeitig erforderlich. 

 

 

Haltungsbedingungen

Wie bereits erwähnt lassen sich störende Verhaltensmuster und Verhaltensstörungen meist auf nicht art- oder individuumgerechte Haltung zurückführen. Zur Abklärung dieser Haltungsbedingungen mit dem Tierarzt ist genug Gesprächszeit einzuplanen. Man spricht zwar oft nur von den artgerechten/artspezifischen Bedürfnissen, doch gerade bei Katzen sind die individuellen Bedürfnisse von extremer Bedeutung. Abhängig von der Sozialisation der Katze benötigt oder vermeidet diese beispielsweise den Kontakt zu Artgenossen – diesem muss bei der Haltung, insbesondere bei Wohnungshaltung Rechnung getragen werden. Hat man einen Haltungsfehler ausgemacht, so ist der Halter noch davon zu überzeugen. In diesem Zusammenhang sind nicht nur Änderungsvorschläge, sondern insbesondere Hintergrundinformationen hilfreich. 

Umgang 

Immer wieder bemerken Katzenhalter nicht, dass sie das störende Verhalten selbst bestärken. Das geschieht beispielsweise durch vermehrte Aufmerksamkeit während oder kurz nach dem Ereignis, was wiederum dazu führt, dass die Katze ihre Bezugsperson dahingehend instinktiv konditioniert. Die Bedeutung gegenseitiger Lern- und Lehrvorgänge in der Mensch-Katze-Interaktion ist vermutlich enorm, auch wenn diese bisher nur ungenügend erforscht sind. Sofern eine solche Verstärkung vorliegt, muss diese zielgerichtet und engagiert korrigiert werden. Der Halter muss sich bewusst sein, dass hierzu viel Zeit, Empathie, konsequentes Verhalten und vor allem aufrichtiges Engagements aller Personen im Haushalt notwendig sind.

Um den beteiligten Personen zumindest die Grundprinzipien vermitteln zu können, bedarf es einiger Begriffe aus der Lernpsychologie sowie der verhaltenstherapeutischen Praxis (s. o.). Auch wenn die Mehrzahl der Probleme mit Veränderungen der Haltungsbedingungen gelöst werden, gibt es vereinzelt Fälle, wo verhaltenstherapeutische Maßnahmen unabdingbar sind.

Ablenkung 

Im Idealfall hört die Katze während einer unerwünschten Verhaltensweise »zufällig« ein unangenehmes Geräusch – wenn es sie nur kurz innehalten lässt, ist das eine Ablenkung. Wenn Sie nicht in der Lage sind Geräusche von »woanders« herkommen zu lassen, sind Ihre Möglichkeiten z. B. auf das nicht sichtbare Benutzen von Wasserspritzen begrenzt. Für die Katze scheint es, als käme das Wasser aus dem Nichts und eine unsichtbare Präsenz würde ihr Verhalten überwachen. Ganz wichtig ist, dass sie nicht sieht, dass Sie der Verursacher sind. Andernfalls riskieren Sie, die gegenseitige Bindung zu schädigen – dann fängt die Katze an sie zu ignorieren oder das Problemverhalten wird durch Ihre Aufmerksamkeit sogar verstärkt. Wenn Sie Ihre Katze bespritzen und diese Sie misstrauisch anschaut, bleibt ihnen nur noch der Bruchteil einer Sekunde etwas Unverdächtiges zu tun – in der Hoffnung das Ihre Improvisation die Situation rettet.

Dieses Vorgehen funktioniert vermutlich aus zwei Gründen: Es ist unangenehm und unterbricht das Verhalten, bevor es noch weiter konditioniert wird. Für ein effektives Vorgehen sind die ersten Sekunden entscheidend – verstreicht mehr Zeit, wird sie keinen Zusammenhang mehr herstellen können. Dabei dürfen die angewendeten Mittel nicht verstören oder so lange benutzt, dass sie als eine Form der Bestrafung angesehen werden. Ebenso sollten diese niemals in sehr angespannten Situationen zum Einsatz kommen – das ist z. B. der Fall, wenn Katzen sich gerade gegenseitig anstarren oder bekämpfen. Die Anwendung solcher Dinge wird der Katze lästig werden, weshalb sie diese zukünftig unterlassen wird – dennoch werden diese, wenn überhaupt, stets sparsam angewendet. Man bedient sich immer der geringst möglichen unangenehmen Mittel, um ein Ziel zu erreichen. Wichtig ist ebenso das Beachten individueller Empfindlichkeiten, des Gesundheitszustandes und Alter, um keine Verletzungen, Ängste oder Aggressionen zu verursachen.

Wenn Ihre Katze an den gleichen Orten unerwünschtes Verhalten zeigt, gibt es auch die Möglichkeit auf bewegungsreagierende Druckluftzerstäuber oder doppelseitigem Klebeband zurückzugreifen. Die Idee dahinter ist, den frequentierten Ort unattraktiv zu machen. Eine weitere Technik ist die der Ablenkung – teilweise kombiniert mit einer Umlenkung der Aufmerksamkeit. Im Gegensatz zu Ihrer Reaktion aus dem Hintergrund müssen Ablenkungen bereits vor der Ausübung des Verhaltens geschehen. Diese Form ist besonders sinnvoll, wenn sie wissen, dass Ihre Katze angespannt ist und stark negativ darauf reagiert. Für die Ablenkung reicht leicht geworfenes geknülltes Papier oder ein Tischtennisball, die aber die Katze nicht selbst treffen dürfen oder Sie benutzen etwas, was die Katze in den Spieltrieb umlenkt. Ein Ablenkungsversuch sollte vor den meisten anderen Maßnahmen eingesetzt werden – wenn sie auf die Arbeitsplatte springt und das Essen darauf fixiert, eine andere Katze bedrängt oder sich einem Gegenstand nähert, den sie zerkratzt oder mit Urin markiert. Angenommen sie sehen wie Ihre Katze kurz davor ist auf die Küchenzeile zu springen, wenn Sie jetzt durch eines der angesprochenen Objekte vor dem Sprung abgelenkt wird, wird sie lernen die Anrichte in Ruhe zu lassen, ohne Sie damit in Verbindung zu bringen. 

Aufmerksamkeit auf ein erwünschtes Objekt lenken

Sehr wichtig ist es der Katze nach der Abschreckung eine Alternative anzubieten. Hier zeigen Sie Ihrer Katze, was sie stattdessen tun soll. Die Spieltherapie hat sich beim Krallen markieren z. B. an Polstermöbeln als effektiv erwiesen. Hierbei wird der Fokus von dem Möbel auf einen erwünschten Ort wie einen Kratzbaum umgelenkt – manchmal genügt auch bereits das Aufstellen eines Kratzbaums direkt neben den Möbeln. Sobald sich der Erfolg einstellt, gilt es die Katze ausgiebig zu loben und ihr viel Aufmerksamkeit zu schenken. Sofern das unerwünschte Verhalten durch einen natürlichen Instinkt wie Jagd motiviert ist – ein Grund warum sie Nachts oder am frühen Morgen jault oder herumrennt – wird sie gegen-konditioniert ihren Instinkt zu anderen Zeiten auszuleben.

Neugestaltung des Territoriums

Oft beziehen sich Ratschläge darauf, wie man der Katze zeigen kann, was Sie nicht tun soll. Tipps die das Verhalten umlenken bzw. zeigen welches Verhalten erwünscht ist (z. B. durch Belohnungen) funktionieren viel besser. Achtung! Eine dauerhafte Verhaltensänderung bedeutet in der Regel eine gezielte Umgestaltung des Territoriums – sonst besteht die Gefahr wieder in alten Gewohnheiten zurückfallen. Denken Sie daran, es gibt fast immer eine Ursache (Angst, Langeweile, Furcht, Instinkt, territoriale Spannungen) die in ihrem Territorium korrigiert werden muss, um den kurz- und langfristigen Erfolg zu gewährleisten.