Toxoplasmose: Infektion & Übertragung bei Katzen & Menschen

  • Inkubationszeit: Zeitraum vom Eindringen des Erregers bis zum Auftreten von ersten Symptomen. Je nach Infektionsstärke (meist wenige Tage).

  • Präpatenz: Beschreibt die Dauer von der Aufnahme infektiöser Parasitenstadien bis zum ersten Auftreten von Geschlechtsprodukten.

    Oozysten 21-24 Tage | Mischformen von Tachyzoiten 9-11 Tage | Gewebezysten 3-5 Tage

  • Patenz: Als Patenz wird der Zeitraum vom Beginn der Ausscheidung des Erregers bis zur letzten Ausscheidung verstanden. Die Patenz folgt auf die Präpatenz. Patenz: 1-15 Tage

  • Seroprävalenz: Prozentuale Anzahl von positiv getesteten Parametern zu einer bestimmten Zeit.

Die drei Entwicklungsphasen von Toxoplasma

Entwicklung im Endwirt Katze (1)

  • Infektion durch Verzehr von befallenen Zwischenwirten

    Die wichtigste Form der Verbreitung von T.-gondii bei der Katze ist das Verschlucken von Parasitenzysten. Eines ihrer bevorzugten Beutetiere, die Maus ist oft mit Tausenden Bradyzoiten infiziert. Wenn eine Katze eine solche Maus frisst, erreicht der Parasit sein geplantes Ziel (Endwirt). Dort erfolgt nach geschlechtlicher Entwicklung im Darm die Ausscheidung mit dem Kot. Die Präpatenz bei einer Erstinfektion wird in der Literatur mit 3-10 Tagen & die Patenz mit nur wenigen Tagen angegeben. Maximal wird ein Zeitraum von 20 Tagen beschrieben, währenddessen es zur Ausscheidung von Millionen unsporulierter Oozysten kommen kann.

    Hierfür wird das Dünndarmepithel, das die Innenseite des Darms umkleidet infiziert. Dann vermehrt sich Toxoplasma in den Darmzellen des Epithelgewebes. In diesem Fall reproduziert sich der Parasit über mehrere Generationen asexuell mittels Merogonie. Hierbei treten dem Anschein nach vier Merontengenerationen auf. Im Anschluss erfolgt eine sexuelle Differenzierung und Vermehrung (Gamogonie). Die Merozoiten, also die Phase zwischen ungeschlechtlicher & geschlechtlicher Vermehrung der letzten Generation, werden zu Mikrogametozyten (reife männliche Geschlechtsform). Aus diesen entwickeln sich 24–32 Mikrogameten mit je zwei Geißeln bzw. zu Makrogametozyten (weibliche reife Geschlechtsform). Beendet wird der Vorgang mit der Bildung von Oozysten.

    Neben dieser Entwicklung in der Katze gelangen Bradyzoiten auch in die Bindegewebsschicht der Haut. An diesem Ort verwandeln sie sich innerhalb der Zellen in Tachyzoiten und breiten sich weiter aus. Eine Infektion mit Tachyzoiten ist bei Katzen ebenfalls möglich, z. B. durch das Fressen von Zwischenwirten mit akuter Toxoplasmose. Die nicht resistenten Tachyzoiten gelangen dabei über die Magenpassage durch die Schleimhaut in den Magen.

    Info: Verhaltensmanipulation von Beutetieren

    Wie aus den bisherigen Teilen der Reihe deutlich wird, hat der Parasit einige erstaunliche Fähigkeiten entwickelt. Eine Strategie ist es, die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung auf eine Katze zu erhöhen. Bei Mäusen z. B. manipuliert Toxoplasma deren Hirnfunktionen (fehlender Fluchtreflex, Anziehung durch Katzenurin, etc.). Bereits infizierte Mäuse werden so zur leichten Beute.

  • Infektion durch sporulierte Oozysten aus der Umwelt

    Es wurde bei Katzen auch ein direkter Zyklus durch die Aufnahme sporulierter Oozysten beschrieben. Dann verwandeln sich die Sporozoiten zu Tachyzoiten, die sich anschließend im Endwirt Katze, wie in einem Zwischenwirt verhalten. In einzelnen Fällen wurde eine verringerte Oozystenausscheidung noch nach einer Präpatenz von 18-36 Tagen beobachtet. Die Mengen lagen dabei deutlich unter der üblichen Anzahl einer Bradyzoiteninfektion. Die Bedeutung dieses Infektionsweges ist in Bezug auf Übertragung & Immunisierung bei Katzen noch nicht genügend erforscht.

    Nach dem Verschlucken des Erregers und folgender Infektion kommt es im Darmepithel von Katzen zur sexuellen Entwicklung der Parasiten (Gamogonie). Bei der Gamogonie kommt es zur Bildung & Verschmelzung sogenannter Gameten (Geschlechts- oder Keimzellen). Die Gamogonie ist das "Gegenteil" der Agomogie (Sporenbildung).

  • Infektion durch diaplazentare Übertragung

    Die Infektion mit Tachyzoiten über die Gebärmutter der Katzenmutter.  Das kann in seltenen Fällen nach Erstinfektion der Kätzin während der Schwangerschaft geschehen. In der Katze bestehen Antikörper im Serum über Monate bis Jahre. Daher stehen die bei Katzen festgestellten hohen Seroprävalenzen nicht in Widerspruch zu den verhältnismäßig seltenen im Stuhl nachweisbaren Oozysten.

    Info: Erstinfizierte Jungkatzen können > 1 Million Oozysten je g Kot ausscheiden. In der Patenz werden innerhalb weniger Tage bis zu 3 Wochen bis zu 600 Millionen nicht-infektiöse Oozysten ausgeschieden. Die Hauptmenge davon in wenigen Tagen. 

Entwicklung in der Außenwelt (2)

  • Die von Katzen unsporuliert ausgeschiedenen Oozysten werden bei günstigen Umweltbedingungen (ca. 20 °C) in 1-5 Tagen durch Sporulation (2 Sporozysten mit je 4 Sporozoiten) infektiös. Dabei weisen sie eine hohe Umweltresistenz auf und können im Erdboden für bis zu 5 Jahre lebensfähig bleiben.

Entwicklung im Zwischen- oder Fehlwirt z. B. Mensch & Hund (3)

  • Die Infektion mit Toxoplasmose Zysten

    Durch orale Aufnahme und verschlucken gelangen sporulierte Oozysten oder Zysten mit Bradyzoiten in den Magen. Das kann z. B. über Katzenkot, kontaminiertes Futter, Trinkwasser (z. B. Eiswürfel), durch Aufnahme rohen & zystenhaltigen Fleisches anderer Zwischenwirte oder über den Mutterkuchen mit Tachyzoiten geschehen.

  • Verhalten in Magen & Darm

    Die Magensäure bewirkt ein Auflösen der Oozysten bzw. der Zystenwand. Als Folge können die freigesetzten Sporozoiten oder Bradyzoiten in das Darmgewebe eindringen. Dort überwinden sie in kurzer Zeit die Enterozytenbarriere (Zellen des Dünndarmepithels). Anschließend vermehren sie sich in Zellen der Lamina proporia (Bindegewebsschicht) innerhalb parasitophorer Vakuolen als Tachyzoiten durch Tochterzellbildung. Nach Zerstörung dieser kommt es zur Infektion von Nachbarzellen.

  • Verbreitung im gesamten Körper

    Es folgt die Verbreitung auf dem Blut- und Lymphweg. Das ermöglicht ihnen das Eindringen in subepitheliale Zellen. Toxoplasma ist in der Lage alle kernhaltigen Zellen zu befallen.

    Es folgt die ungeschlechtliche Vermehrung durch Tochterzellbildung. Die Teilungsvorgänge während dieser Phase laufen in verschiedenen Zelltypen sehr schnell ab (5-9 Stunden). Dieser Eigenschaft verdanken die Tachyzoiten auch ihren Namen (griech. tachys=schnell). Eine weitere Besonderheit ist, dass die Anzahl von Tachyzoiten-Generationen unbegrenzt ist.

    Zu diesem Zeitpunkt werden die Parasiten mit dem Blut vermischt und können aktiv Gewebeschranken passieren. Hierdurch sind sie in der Lage die Plazenta infizierter Mütter zu durchqueren. Infolgedessen können sie auf die Nachkommen übergehen und sich dort vermehren.

  • Erster Kontakt mit dem Immunsystem

    In dieser frühen Phase kommen die Parasiten erstmals mit Fresszellen der Immunabwehr (Makrophagen) oder dendritischen Zellen (Abwehrzellen des Immunsystems) in Kontakt. Diese setzen die natürliche Immunantwort in Gang, indem sie verschiedene Zytokine produzieren.

  • Pattsituation & Umwandlung in die Zystenform

    Unter dem Einfluss der Immunabwehr des Wirts kommt es innerhalb weniger Tage zu einer Verlangsamung der Vermehrung der Tachyzoiten. Im Schnitt beginnt rund eine Woche nach der Infektion die Antikörperbildung des Wirtsorganismus. Die beginnende Erstarkung der zellulären Immunität innerhalb der Wirtszelle bewirkt die Umwandlung vom Tachyzoiten zum Bradyzoiten (griech. bradys=langsam). Dieses geschieht im Schnitt ab dem 10. Infektionstag. Innerhalb der rundlichen, dünnwandigen, nicht gekammerten, ca. 100 µm großen Zysten entstehen durch Tochterzellbildung innerhalb weniger Wochen Tausende von Bradyzoiten (=Zystozoiten). Hierfür wandelt der Parasit die Hülle der Vakuole in eine Zystenwandung um. Dieses Stadium ist in seiner Vermehrung sehr eingeschränkt und für die meisten Menschen ungefährlich.

    Info: Gewebezysten von Toxoplasma gondii kommen in allen Organen vor. Hauptsächlich bevorzugen sie aber das Gehirn (Neuronen), Netzhaut (Auge) und die Skelett- & Herzmuskulatur. Hier befinden sie sich lebenslang im Gewebe.

  • Antikörperbildung

    Während der Infektion werden Antikörper gebildet, die als diagnostische Marker wertvoll sind. Für den eigentlichen Verlauf der Infektion spielen sie aber nur eine Nebenrolle. Immunglobuline (Ig)-M können bereits zu einem frühen Zeitpunkt nachweisbar sein. Zu einer späteren Zeit folgen dann Immunglobulin (Ig)-G & Immunglobulin (Ig)-A. Wichtig für das weitere Immungeschehen sind T-Zell-Antworten, die verantwortlich sind für die Begrenzung der Infektion. 

  • Wirkung auf immungesunde Menschen

    Menschen, die bereits eine akute Infektion durchgestanden haben und Zysten beherbergen, sind vor klinisch manifester Toxoplasmose geschützt. Die Anwesenheit dieser Zysten (mit jeweils bis zu mehreren Tausend lebender Bradyzoiten) sorgt beim einmal Infizierten dafür, dass die Immunität aufrechterhalten wird.

  • Wirkung auf immunschwache Menschen

    Eine Verminderung von T-Zell-Antworten, z. B. durch immun schwächende Behandlung oder bei AIDS kann zu einer Reaktivierung von Zysten und damit zum Wiederausbruch akuter Infektionen führen. Der Verlauf der Infektion wird nicht nur vom Wirt, sondern auch vom Parasitenstamm beeinflusst.

Erregerübertragung von Toxoplasma auf einzelne Wirtsgruppen

Erregerübertragung von Toxoplasma auf die Katze (End- & Zwischenwirt)

Infektion mit Bradyzoiten durch orale Aufnahme (rohes Fleisch & Beutetiere z. B. Mäuse) 

  • Die Bradyzoiten befallen das Dünndarmepithel und vermehren sich dort asexuell in mehreren Generationen (5 Merontentypen, Vermehrung durch Tochterzellbildung, Endopolygenie oder Merogonie). Aus der der darauf folgenden geschlechtlichen Vermehrung (Gamogonie) gehen Oozysten hervor. Diese werden ihrerseits nach einer Präpatenz von 3-10 Tagen unsporuliert ausgeschieden.

    Info: Ein Meront ist ein sogenannter Vielteilungskörper. Er besteht aus einer Wirtzelle mit einem Tachyzoiten, der sich vielfach teilt. Bei der Endopolygenie kommt es wie bei der Endodyogenie zur Tochterzellbildung, vermutlich mit der Entwicklung von bis zu 32 Tochterzellen.

    Einige Bradyzoiten bahnen sich ihren Weg in die sogenannte Lamina propria. Dabei handelt es sich um ein Bindegewebe, das Hohlorgane umgibt, wie z. B. Magen & Darm. Dort kommt es zur intrazellulären Fortpflanzung als Tachyzoiten. Bereits einige Stunden nach der Infektion kann eine Streuung in Gewebe außerhalb des Darms erfolgen. Toxoplasma kann im Gewebe einer Katze, inner- & außerhalb des Darms, mindestens für einige Monate, vermutlich sogar lebenslang bestehen. 

Infektion mit Sporozoiten

  • Nach Aufnahme sporulierter Oozysten (z. B. Kot) dringen die existierenden Sporozoiten in die Darmwand ein, befallen Zellen der Lamina propria und teilen sich einmal durch Tochterzellbildung, bevor sie sich zu Tachyzoiten umwandeln. Danach findet die Entwicklung außerhalb des Darms wie im Zwischenwirt statt. Bei etwa 20 % der so infizierten Katzen kommt es zu einer verzögerten Entwicklung innerhalb der Katze mit Oozystenbildung. Daraus ergibt sich eine verlängerte Präpatenz von mindestens 19 Tagen. Nach Infektion mit Sporozoiten ist die Oozystenproduktion geringer als nach Infektion mit Bradyzoiten.

    Damit fungieren Katzen nicht nur als End-, sondern auch als Zwischenwirt. Bei dieser Art der Infektion gelangen Toxoplasmen sekundär in Darmepithelzellen der Katze. Es kommt zur ungeschlechtlichen Vermehrung & Differenzierung von Geschlechtszellen, die letztendlich nach 20-36 Tagen in der Ausscheidung von Oozysten mündet. Bei unseren Hauskatzen & Verwandten kann es im Darm zusätzlich zu einer geschlechtlichen Vermehrung kommen. Die ausgebildeten Oozysten werden mit dem Kot ausgeschieden und sind nach Sporulation infektiös.

Infektion mit Tachyzoiten
  • Ebenfalls ist eine Infektion durch Tachyzoiten möglich. Diese dringen vermutlich Richtung Körpermitte in den Magen durch die Schleimhaut ein. Dieser Infektionsweg ist möglich aber selten.

Erregerübertragung auf Zwischen- & Fehlwirte

Es gibt viele Übertragungswege für Toxoplasma. Das erklärt warum bis zu 80 % der Bevölkerung Träger der Parasiten sind. 

Die Hauptinfektionsquellen für Toxoplasma gondii

  • Verzehr von Fleisch oder Beutetieren, die Toxoplasmazysten enthalten.

    Gemäß einer Multicenter-Fallkontrollstudie sind in Europa 30-63 % aller Infektionen beim Menschen auf den Verzehr von Fleisch zurückzuführen. Für die Infektion mit Toxoplasma reicht eine Oozyste aus.

  • Rohes, nicht tiefkühlgelagertes oder unzureichend gegartes Schweine-, Schaf- und Ziegenfleisch.

    Die Infektionsquelle Nr. 1 für den Menschen (z. B. Hackfleisch & Mett). Ist ein Mensch besagtes Fleisch werden im Darm des Menschen Bradyzoiten freigesetzt. Diese durchqueren die Schleimhäute und beginnen die Entwicklung von Tachyzoiten einzuleiten. 

  • Fleisch von Wildtieren: Wie z. B. Wildschwein & andere Wildarten sind weniger betroffen.

  • Kaninchen- und Geflügelfleisch: Da dieses meist nicht roh oder ungenügend erhitzt verzehrt wird, liegt hier eine geringe Infektionswahrscheinlichkeit vor. In der Muskulatur von Schlachttieren können Toxoplasmazysten lebenslang bestehen.

  • Pferdefleisch: Ist selten von Toxoplasma befallen.

  • Rindfleisch: Da Toxoplasmen in Rindern nur kurze Zeit überleben, geht von ihnen kaum Gefahr aus.

  • Hühnereier & Kuhmilch: Eine Infektionsquelle ohne Bedeutung.

  • Gemüse & Salate: wenn sie mit Oozysten verunreinigt wurden.

  • Wasser: Gelegentlich kommt es zur Kontamination von Trinkwasser (z. T. epidemische Infektionen, Eiswürfel), häufiger zur Kontamination von Abwasser.

  • Orale Aufnahme von sporulierten Oozysten durch den Kot infizierter Katzen. Ca. 6-17 % der Menschen infizieren sich durch verunreinigte Erde.

  • Katzenstreu

  • Spielsand

  • Gartenarbeit

  • Landwirtschaft (mit Weidegang)

  • Durch junge Katzen aber gelegentlich auch ältere Katzen kommt es zum Reshedding. Dabei werden ausgeschiedenen Oozysten durch Schmutz- und Schmierinfektion übertragen. Die Anzahl der Oozysten ist dann stark reduziert.

  • Vorgeburtliche Erregerübertragung (Mensch, Schaf, Ziege, Katze, Maus)

  • Die vorgeburtliche Übertragung ist beim Menschen von besonderer Bedeutung.

  • Infektionen innerhalb der Gebärmutter treten bei Schafen und Ziegen nur nach Erstinfektionen während der Trächtigkeit auf.

  • Bei Mäusen kommt es auch im chronischen Stadium regelmäßig zu Infektionen in der Gebärmutter.

  • Weitere & seltene Wege zur Infektion mit Toxoplasmen

  • Bei einigen Tierarten (Katze, Schaf, Ziege, Kaninchen & Maus) wurden direkte Infektionen durch die Mutter nachgewiesen.

  • Toxoplasmen können in einer Zwischenwirtpopulation (z. B. in Nagern) durch Kannibalismus auch ohne Endwirte über eine gewisse Zeit bestehen.

  • Bei Menschen ist eine Erregerübertragung durch Organtransplantation von infizierten Spendern auf nicht infizierte Empfänger möglich. Weitere Infektionsquellen können Bluttransfusionen & Tröpfcheninfektion sein.

  • Die Übertragung von Oozysten auf Lebensmittel ist durch Insekten möglich.